2.4 Rollen und Aufgaben

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In unserer presbyterial-synodal verfassten Kirche liegt die Verantwortung für den Gottesdienst und damit auch für die Feier von Kasualien nicht allein bei den Pfarrpersonen, sondern bei der ganzen Gemeinde. Deutlich wird dies etwa, wenn Gemeindeglieder an der Feier teilnehmen oder gar eine liturgische Rolle übernehmen. Auch bei der Vorbereitung oder der Nachsorge können sie sich einbringen. Die Gemeinde nimmt zudem die Neugetauften, Brautpaare und Verstorbenen zusammen mit ihren Angehörigen regelmäßig in ihr Gebet auf. Das Recht, über die Rahmenbedingungen von Kasualfeiern zu entscheiden (ius liturgicum), liegt beim Presbyterium (Art. 17 Ia KO a.F. = Art. 14 IIb KO n.F.) sowie der Landessynode (Art. 128 III b+c; 130 KO a.F. = Art. 72 I a KO n.F.).

Innerhalb dieses Rahmens kommt den ordinierten Liturg:innen (Pfarrer:innen und Prädikant:innen) eine besondere Rolle zu. Sie sind das „Gesicht“ ihrer Gemeinde und der Kirche; sie werden meist zuerst angesprochen; sie führen persönliche, oft intensive seelsorgliche Gespräche mit den Beteiligten – kurz: Sie tragen in der Regel die Hauptverantwortung für die Vorbereitung und die Durchführung von Kasualfeiern. Dafür benötigen sie sowohl eine angemessene Zurüstung und Qualifikation als auch die nötige Zeit zur Vorbereitung und Durchführung.

Nach evangelischem Verständnis sind die Ämter in der Gemeinde nicht ein für alle Mal festgelegt, sondern haben sich am Bedarf zu orientieren und an den Charismen, die der Geist wirkt (vgl. 1 Kor 12,4-11). Daher könnte es berufene und beauftragte Gemeindeglieder geben, die die besondere Gabe haben, sich einer einzelnen Kasualie bzw. Menschen in einer bestimmten Lebensphase zu widmen. So könnten Verheiratete Braut- und Ehepaare nicht nur begleiten, sondern auch die Trauung mit ihnen vorbereiten und feiern. Junge Eltern könnten sich an der Taufvorbereitung beteiligen. Seelsorglich begabte Menschen könnten Sterbende begleiten (wie es in der Hospizarbeit bereits geschieht) und mit den Hinterbliebenen in Kontakt bleiben. Gerade interessierte Prädikant:innen sollten die Möglichkeit erhalten, sich auf diesen Feldern weiterzubilden.

Auch Pfarrer:innen, Kirchenmusiker:innen und andere Mitarbeitende haben Gaben, die sie für die Gestaltung bestimmter Feiern und die Begleitung in bestimmten Lebenssituationen besonders qualifizieren. Statt Kasualfeiern kategorisch einer/einem festen Gemeinde- oder Bezirkspfarrer:in zuzuweisen, könnten die Zuständigkeiten gaben- und interessenorientiert aufgeteilt werden. Hier erweist sich eine Kooperation und Arbeitsteilung als segensreich, vor Ort in der Gemeinde wie regional im Kirchenkreis. Auch ist überlegenswert, auf Kirchenkreisebene liturgische, seelsorgliche und musikalische Funktionsstellen zu schaffen, deren Inhaber:innen sich mit der notwendigen Zeit und Qualifikation auf die Vorbereitung und Feier einer oder mehrerer Kasualien konzentrieren können.

 

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Beiträge zu “2.4 Rollen und Aufgaben

  1. Die Idee finde ich sehr gut! Lasst uns doch innerhalb einer Region gabenorientiert arbeiten! Und lasst uns unbedingt weitere (ehrenamtliche) Personen für die verschiedenen Dienste und Aufgaben ausbilden!
    Dass Pfarrerinnen und Pfarrer „das Gesicht“ der Gemeinde sind, wird sich in Zukunft angesichts immer weniger werdender Pfarrpersonen nicht mehr aufrecht erhalten lassen. Wir brauchen viel mehr Gesichter von Gemeinde!
    Und was bringt es, wenn eine Kasualfeier von dem einen guten Gesicht von Gemeinde gut gemacht wurde, dann aber der tiefere und genauere Blick in das Leben der Gemeinde erfolgt und Menschen nicht selten zur Ernüchterung bringt? Da ist es wichtig, dass es Menschen gibt, die mit dafür sorgen, dass der begonnene Segensweg in einer Gemeinde weitergehen kann und weitere Früchte trägt!

  2. Die Überlegungen begrüße ich sehr! Neben Ordination kann ich mir gut eine zeitlich befristete Beauftragung für die Durchführung von Kasualien vorstellen für Menschen, die seelsorglich hauptamtlich in Kirche und Diakonie tätig sind und eine entsprechend qualifizierte Fortbildung haben (z.B. Diakon*innen). Hauptamtlichkeit gewährleistet Kontinuität.
    Die angeregten Funktionsstellen auf Kirchenkreisebene gibt es für Kasualien zumindest im Hamburger Raum bereits. „Agentur st. moment“

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