Gottes Häuser an der Autobahn

  • Ulli Tückmantel
  • Ulli Tückmantel

Autobahnkirchen sind eine deutsche Erfindung. 44 von ihnen säumen das Autobahnnetz. Das Buch „Gott to go: Das Autobahnkirchen-Buch fürs Handschuhfach“ von Ulli Tückmantel stellt einige vor, darunter auch die evangelische Martinskirche an der A61.

Weit über eine Million Menschen besuchen jährlich Gottes Häuser am Rand der Straße, wie Tückmantel schreibt. 19 von ihnen sind evangelisch, acht katholisch und 17 ökumenisch getragen. Drei der Kirchen liegen im Gebiet der Evangelischen Kirche im Rheinland: St. Raphael an der A 57 bei Neuss-Nievenheim, die Autobahnkapelle Geismühle an der A57 bei Krefeld-Oppum und die Martinskirche Waldlaubersheim an der A 61 bei Bad Kreuznach. Ulli Tückmantel beschreibt die Martinskirche in seinem Buch „Gott to go: Das Autobahnkirchen-Buch fürs Handschuhfach“, so:

„Waldlaubersheim, Autobahn A61“

Seit 1991 ist die Martinskirche im rheinland-pfälzischen Waldlaubersheim (rund 800 Einwohner) Autobahnkirche. Sie ist die einzige Autobahnkirche an der A61, die vom niederländischen Venlo bis zum Autobahndreieck Hockenheim führt und so den linksrheinischen Raum an das süddeutsche Autobahnnetz anschließt. Besonders geeignet als Autobahnkirche ist die Martinskirche trotz ihrer geografischen Nähe zum Autohof direkt an der A61 – Abfahrt Waldlaubersheim – eigentlich nicht: Um sie zu erreichen, müssen Besucher den sehr engen (und hübschen) Dorfkern des kleinen Weinbauorts durchqueren. Das macht die Anfahrt mit großen und schweren Lkw nahezu unmöglich. Für sie gibt es zudem an der Kirche keine Stellplätze; auch für normale Autos wird es dort schnell eng.

Einladende Dorfkirche

Die Kirche selbst liegt auf einer kleinen Anhöhe und ist nur über Treppenstufen zu erreichen. Für Rollstuhlfahrer oder Gehbehinderte ist die Kirche faktisch unzugänglich. Am besten stellt man Auto oder Lkw am Autohof ab und macht sich zu Fuß auf den Weg durch den kleinen Ort. Wer es tut (was offenkundig nicht viele sind), findet eine einladende Dorfkirche, in der man wunderbar zur Ruhe kommen kann. Die Martinskirche ist eine Chorturmkirche mit interessanter und wechselvoller Baugeschichte. Der Turm über dem Chorraum als Kern der Kirche geht auf das Jahr 1190 zurück, errichtet wurde er vermutlich als Wehrkirche. An den Turm wurde später ein Langhaus angebaut. Im 19. Jahrhundert wurde das alte Langhaus durch einen Neubau und den Anbau der Chor-Apsis ersetzt – mit Folgen. Durch die Bauarbeiten senkte sich im Lauf der folgenden 100 Jahre der Turm so stark ab, dass er 1963 weitgehend abgetragen und wieder aufgebaut werden musste.

Ein Anliegenbuch für Gedanken und Wünsche

Die seit der Reformation evangelisch-lutherische Gemeindekirche wird heute auch für katholische Gottesdienste genutzt. Besucher können in einem Nebenraum des Chors auf einem aus Bausteinen improvisierten Ständer eine Kerze anzünden und ein Anliegenbuch nutzen. Eine Besonderheit ist das Anliegenkreuz, auf das Zettel mit Bitten geheftet werden können.

Abdruck aus: Ulli Tückmantel, „Gott to go: Das Autobahnkirchen-Buch fürs Handschuhfach“,168 Seiten, Verlag Books on Demand, Norderstedt, 2019, ISBN-13: 9783734767203, 24,99 Euro, erhältlich auch als iBook „Gottes Häuser am Rand der Strasse: Autobahnkirchen“, 14,99 Euro.

 

Autobahnkirchen in Deutschland