DREI FRAGEN AN… Klaus Eberl, Vorsitzender der „Initiative Pskow“, und Ekkehard Pohlmann, Öffentlichkeitsbeauftragter der Initiative, anlässlich des Todes von Jochen Leyendecker. Der Künstler aus Mülheim an der Ruhr hatte den „Pskower Engels“ entworfen.
Herr Eberl, kürzlich ist Jochen Leyendecker gestorben, der den bekannten Holzengel für die „Initiative Pskow“ gestaltet hat. Wie ist es zu der Zusammenarbeit gekommen?
Klaus Eberl: In der Werkstatt für behinderte Menschen in Pskow wurden kleine Holzkreuze hergestellt. Als wir feststellten, dass es sich bei der Formgebung um ein geschütztes Muster handelt, waren wir auf der Suche nach einer Alternative. Dieter Bach war seinerzeit unser Geschäftsführer. Er war mit Jochen Leyendecker befreundet. Und Jochen Leyendecker war selbst schon in der Initiative Pskow engagiert. Was lag näher, als den Künstler um einen Entwurf zu bitten? Sein „Pskower Engel“ hat uns sofort begeistert: eine Synthese aus Engel und Kreuz, ein kleiner und ein großer Flügel, ein Engel mit einer Behinderung, ein Engel, an dem man sich festhalten kann. Besser kann man die Anliegen unserer inklusiven Versöhnungsarbeit nicht zur Geltung bringen. Die Kunst von Jochen Leyendecker wird über seinen Tod hinaus weiterwirken.
Was hat aus Ihrer Sicht zu dem großen Erfolg des Engels beigetragen?
Eberl: Im März 2015 ist in den französischen Alpen ein Flugzeug willentlich zum Absturz gebracht worden. Wir haben den ökumenischen Trauergottesdienst im Kölner Dom vorbereitet und brauchten ein Symbol, das angesichts dieser furchtbaren Katastrophe Menschen in ihrer Verzweiflung Halt gibt. Die Pskower Werkstatt hat für die Gottesdienstbesucherinnen und -besucher 3000 Engel hergestellt. Seitdem werden immer wieder „Pskower Engel“ von Krankenhäusern, Kirchengemeinden, Hospizeinrichtungen bestellt. In Russland wurde der „Pskower Engel“ bekannt, weil die russische Raumfahrtagentur zwei Engel in die Weltraumstation ISS schickte. Die Fotos, die wir aus der ISS erhielten, erzählen auf ihre Weise von der Einheit der Welt und unserer Sehnsucht nach Frieden und Versöhnung. Der „Pskower Engel“ ist ein Trostspender, ein starkes Symbol der Hoffnung.
Herr Pohlmann, welche persönlichen Erinnerungen verbinden Sie mit Jochen Leyendecker?
Ekkehard Pohlmann: Als Erstes fällt mir die wunderbare Gastfreundschaft ein, die ich bei Jochen und seiner Frau Heide genossen habe. Nach der gemeinsamen Mahlzeit – im Sommer oft auf der Terrasse zum Garten – lehnte Jochen sich im Sessel zurück und zündete sich seine Zigarre an. Die nahm er dann mit in den Garten, in dem eine ganze Reihe seiner Skulpturen verteilt war, viele davon aus Beton geformt. Sie hatten im Lauf der Jahre Patina angesetzt, einige bröckelten sogar hier und da. „Das gehört dazu, wenn man älter wird,“ bemerkte Jochen lakonisch.
Bei einem gemeinsamen Gang durch die Mülheimer Innenstadt war es gut, reichlich Zeit einzuplanen. Es kamen uns unglaublich viele Menschen entgegen, die nicht nur erfreut grüßten, sondern ein kurzes oder auch mal ein längeres Gespräch mit Jochen suchten. Immer habe ich ihn dabei nicht nur freundlich und interessiert erlebt, sondern herzlich und zugewandt.