Lern-App führt junge Erfinder ins Jugend-forscht-Finale

Update: Justus Bendel und Marcel Rommel haben mit ihrer Vokabellern-App ScanQ beim Bundeswettbewerb von Jugend forscht den „Preis für eine Arbeit auf dem Gebiet der Informationstechnik“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt gewonnen. Das Preisgeld beträgt 1000 Euro.

Erst kürzlich haben Justus Bendel und Marcel Rommel ihr Abitur am Martin-Butzer-Gymnasium der Evangelischen Kirche im Rheinland in Dierdorf abgeschlossen. Jetzt stehen ihnen schon die nächsten spannenden Tage bevor. Denn am Donnerstag, 26. Mai, reisen die beiden zum Jugend-forscht-Bundeswettbewerb nach Lübeck. Im Gepäck haben sie ihre Sprachlern-App „ScanQ“. Die Erfindung hat es in sich.

„Wir freuen uns darauf, uns mit anderen Forschenden und Wirtschaftsvertreterinnen austauschen zu können“, berichtet Marcel Rommel kurz vor der Abreise mit Justus Bendel nach Lübeck zum Bundeswettbewerb „Zufällig genial?“ von Jugend forscht . Besonders wird das Event so oder so. Schließlich ist es für die beiden der erste Jugend-forscht-Wettbewerb in Präsenz.

Vokabeln abfotografieren und loslegen

Dass sie all das erleben dürfen, haben die Abiturienten des Martin-Butzer-Gymnasiums ihrer eigenen Erfindung zu verdanken: der Vokabeltrainer-App ScanQ. Diese Anwendung brachte sie auf Platz 1 beim Regional- sowie Landeswettbewerb und damit ins Finale. Die Ursprungsidee dahinter: Nutzerinnen und Nutzer können ein Foto von einer Buchseite oder einem Blatt machen. Die App erkennt die Vokabeln und speichert diese ab. Außerdem können Vokabeln aus Excel- und PDF-Dateien eingepflegt sowie Sammlungen mit einem eigenen Dateiformat oder via Link aus der App heraus geteilt werden. „Die App generiert dann automatisch Lern- und Quizspiele“, erklärt Bendel. Statistiken bieten einen Überblick über den Lernfortschritt und im Online-Modus können bis zu zehn Personen gemeinsam lernen.

 

Die App zeichnet sich durch eine einfache Bedienung aus.

Blindenmodus als Alleinstellungsmerkmal

Einzigartig ist die App vor allem auch wegen des integrierten Blindenmodus. Der funktioniert laut Bendel so: Beim Start der Anwendung erscheint ein statischer Bildschirm. Mit einem Doppelklick darauf kann ein Sprachbefehl eingeleitet werden – wie man es etwa von Siri oder Alexa kennt. „Dann kann man Fragen stellen oder Befehle erteilen: Wie viele Vokabeln habe ich heute gelernt? Starte ein Quiz. Öffne das Vokabelbuch.“

Offen für alle, die Sprachen lernen

Genutzt wird die kosten- und werbefreie App mittlerweile von mehr als 100 Personen – Tendenz steigend. „Das sind natürlich vor allem Schülerinnen und Schüler unserer Schule, weil wir dort im Moment vieles testen“, berichtet Rommel. Ziel sei es, durch die Rückmeldungen Fehler aufzudecken. „Dann haben wir eine gute Basis, um die App breiter zu streuen“, erklärt Bendel. Denn die App sei so konzipiert, dass sie von „allen, die Vokabeln lernen, genutzt werden kann“. Das Tolle daran: Es muss kein Account angelegt werden. „Die Daten werden einfach lokal gespeicher“, erläutert Bendel. Derzeit seien zehn Sprachen verfügbar: Fünf in der Pilotversion (Englisch, Latein, Französisch, Spanisch, Italienisch), die derzeit an der Schule getestet wird, fünf weitere in einer internen Testversion (Russisch, Ukrainisch, Türkisch, Mandarin, Portugiesisch).

Die Idee entstand auf dem Schulhof

Die Idee zur App hatten die beiden 19-Jährigen während eines Spaziergangs über den Schulhof. „Wir haben gesehen, wie viele Schülerinnen und Schüler mit Büchern gelernt haben und uns gedacht: Das muss doch komfortabler möglich sein“, berichtet Rommel. Im Zuge der sogenannten Besonderen Lernleistung (BLL) setzten die beiden ihre Idee schließlich um. Dabei handelt es sich um eine Zusatzleistung im Laufe der 12. Klasse, die bei der Abiturprüfung angerechnet werden kann. Im August 2020 starteten sie die Entwicklung. Eine erste Version wurde Anfang 2021 veröffentlicht und seither stetig weiterentwickelt. Mehr als 2000 Arbeitsstunden haben die beiden bis dato jeweils investiert. „80 Prozent der Zeit verbringt man mit Fehlersuche, den Rest programmiert man wirklich“, gibt Rommel einen Einblick.

Über Jahre viele Programmiersprachen gelernt

Rommel und Bendel beschäftigen sich seit mehreren Jahren mit Programmiersprachen. „Wir haben uns dann in der Oberstufe kennengelernt und zusammen die Android-Programmierung gelernt“, blickt Rommel zurückStück für Stück wollen sie nun die Funktionen der App erweitern. In Planung seien etwa Lernpläne zum Festlegen von Lernzielen. „Die App passt die Pläne dann immer an den Lernfortschritt an, damit das Ziel rechtzeitig erreicht wird“, führt Rommel aus. In den kommenden zwei Jahren soll es zudem eine iOS-Version geben.

„Das wird auf jeden Fall spannend“

Finanziert wird das Projekt derzeit aus eigener Tasche. Auch deshalb hoffen Rommel und Bendel beim Bundeswettbewerb mögliche Investorinnen und Investoren zu treffen. Das Preisgeld von bis zu 3000 Euro würde natürlich ebenfalls helfen. Die Konkurrenz ist laut Bendel aber sehr stark – und groß. Denn insgesamt präsentieren 168 junge Forscherinnen und Forscher 108 Forschungsprojekte. Sie alle haben sich durch ihren Landessieg für das Bundesfinale qualifiziert und kämpfen neben dem Hauptpreis in verschiedenen Kategorien um weitere Sonderpreise. „Das wird auf jeden Fall spannend.“ Auf welchem Platz sie am Ende landen, wird sich am Sonntag, 29. Mai, bei der Preisverleihung am finalen Tag zeigen. Fest steht hingegen, wie es nach dem Abitur weitergeht: Während Rommel ein duales Studium bei Bosch in Stuttgart beginnt, zieht es Bendel zum Physikstudium nach Aachen.

ScanQ ist im Google-Play-Store erhältlich.

  • 25.5.2022
  • Andreas Attinger
  • ScanQ