2.6 Service und Qualität

Glasfenster Fußwaschung

Foto: Max Rüedi / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

 

Je seltener Kirchenmitglieder den Kontakt zu ihrer Kirche suchen, desto höher sind oft ihre Erwartungen. Gerade wenn sie ihre Kirche nicht häufig in Anspruch nehmen, erwarten sie als „beitragszahlende Mitglieder“ freundlich und zuvorkommend behandelt zu werden, wenn dies einmal der Fall ist. Kirchenmitglieder verhalten sich damit wie Kundinnen und Kunden, selbst wenn sie nicht als solche bezeichnet werden wollen. Doch steht kirchlichen Mitarbeiter:innen eine recht verstandene Servicementalität nicht ohnehin gut zu Gesicht? Sie widerspricht keineswegs dem christlichen Auftrag, im Gegenteil: Das aus dem Englischen entlehnte Wort „Service“ heißt auf Deutsch schließlich „Dienst“ – und auf Griechisch „diakonia“. Ja, in den Kasualien verwirklicht sich liturgische und seelsorgliche Diakonie!

Wenn eine Ansprache oder ein Segenszuspruch Menschen im Innersten berührt, ist das ein unverfügbares Geschenk Gottes. Als Menschen aber stehen wir in der Verantwortung, dem Wirken des Heiligen Geistes nicht im Weg zu stehen, positiv gewendet: diesem Wirken Raum zu geben und ihm nach Kräften den Weg zu bereiten. Dabei können Instrumente der Qualitätsentwicklung helfen. So könnte sich eine Gemeinde in Abständen fragen: Was können wir als Einzelne und als Team dazu beitragen, damit eine Tauffeier, eine Hochzeit oder eine Beerdigung als „schön“, als “gut” oder gar als „berührend“ erlebt wird und die Beteiligten sie als ein wertvolles Erlebnis in guter Erinnerung behalten? Dabei kann es helfen, zu Tauffamilien, Ehepaaren und Hinterbliebenen nach einiger Zeit noch einmal Kontakt aufzunehmen und sie dabei unter anderem zu ermuntern, der Gemeinde und den Mitwirkenden eine Rückmeldung auf die Feier zu geben. Ein mit zeitlichem Abstand gegebene Feedback wird meist ehrlicher und differenzierter ausfallen als das höfliche Dankeswort beim Abschied an der Kirchentür.

Eine qualitätsvolle Kasualpraxis bedarf einer entsprechenden Qualifizierung sowie der Fort- und Weiterbildung der verantwortlichen Liturg:innen und Musiker:innen. Diese kann auch in Form von Gottesdienst-Coachings und kollegialen Intervisionen geschehen. Denn Kasualien sind ein Aushängeschild für die Kirche als ganze – im Guten wie leider auch im Schlechten. Negative ebenso wie positive Erfahrungen mit einer Hochzeit, einer Tauffeier oder einer Beerdigung können das Kirchenbild ganzer Familien über Generationen hinweg prägen.

 

[Inhalt]
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Beiträge zu “2.6 Service und Qualität

  1. So ist es! Volle Zustimmung!
    Übrigens wie im Krankenhaus: Hat da mal jemand auf einer Station mit einem Krankenpfleger oder einer Ärztin eine schlechte Erfahrung gemacht, ist gleich das ganze Krankenhaus schlecht. Stimmt natürlich nicht, wird aber so wahrgenommen.

  2. Zur Qualität gehört m.E. auch, dass Kirchen angemessen geheizt werden – auch Restaurants lassen ihre Kunden ja nicht bei 19 Grad „frieren“.

  3. Auf jeden Fall.
    Wobei es auch eine Kunst ist, dass das „Qualitätsmanagement“ sinnvoll und angemessen durchgeführt wird (und nicht wie so oft ein Bürokratiemonster wird).
    Allerdings halte ich die Formulierung: „Was können wir als Einzelne und als Team dazu beitragen, damit eine Tauffeier, eine Hochzeit oder eine Beerdigung als „schön“, als “gut” oder gar als „berührend“ erlebt wird und die Beteiligten sie als ein wertvolles Erlebnis in guter Erinnerung behalten? “ für schwierig, weil das sehr individuell ist und ich aus eigener Erfahrung weiß, dass ein und dieselbe Feier von mir als Gast als „fürchterlich“ erlebt wurde und andere Gäste diese „sehr schön“ fanden. Aber es gibt natürlich Dinge, die objektiv nicht sein müssen (z.B. unaufgeräumt, kalt etc.)
    Viel gewonnen wäre schon, wenn niemand (wie es leider immer wieder geschieht) mit „ich bin nicht zuständig“ von Pontius zu Pilatus geschickt wird.

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