2.10 Information und Kooperation

Bilderbücher in Buchhandlung

 

Für Pfarrer:innen und andere kirchliche Mitarbeiter:innen mögen Kasualien zum Alltag gehören – für Eltern von Täuflingen und Konfirmand:innen sind sie es ebenso wenig wie für Brautpaare und Hinterbliebene. Noch bevor es zum ersten Gespräch mit dem Pfarrer oder der Prädikantin kommt, suchen sie daher in der Regel nach Informationen: Wen sollen wir wie und wann ansprechen? Worauf können wir uns vorbereiten? Was müssen wir besorgen? Welche Kosten kommen auf uns zu? Ganz selbstverständlich nutzen Menschen dazu heute das Internet. Auf den Websites von Gemeinden, Kirchenkreisen und Landeskirche müssen daher die wichtigsten Informationen zu allen Kasualien schnell und unkompliziert zu finden sein, am besten unmittelbar von der Startseite aus. Zu diesen Informationen gehören sowohl knappe und ansprechende Hinführungen zu den einzelnen Kasualien als auch Angaben organisatorische Details. Die wichtigsten Angaben und Hinweise sollte auch jeder (!) Gemeindebrief enthalten.

Angesichts eines schwindenden religiösen Alltagswissens benötigen Kasualien mittlerweile eine intensive Bewerbung. Denn nicht jedes Kirchenmitglied hat eine lebendige Vorstellung davon, wie schön und bewegend eine individuell gestaltete Taufe, Konfirmation, Trauung oder Beerdigung sein kann. Auch die Gleichstellung von hetero- und homosexuellen Partnerschaften in unserer evangelischen Kirche ist immer noch kaum bekannt. Flyer und Broschüren im Schriftenstand, die Website und der YouTube-Kanal der Gemeinde sowie ab und zu der Gemeindebrief können über eine reine Information hinaus in Wort und Bild über beispielhafte Feiern und die beteiligten Menschen berichten. Beiträge in der Tageszeitung, dem Lokalradio und anderen Medien haben eine noch größere Reichweite. Eine solch professionelle Öffentlichkeitsarbeit übersteigt allerdings in der Regel die finanziellen wie personellen Möglichkeiten einer einzelnen Gemeinde. Noch mehr gilt das für eine attraktive und nachhaltige Kommunikation per Internet (World Wide Web, Social Media), das ohnehin keine Gemeinde- und Kirchenkreisgrenzen kennt.

Die zur Vorbereitung und Durchführung von Kasualien anfallenden Kosten sind bereits mit der Kirchensteuer beglichen, solange „Amtshandlungen … in einfachster ortsüblicher Form … in der eigenen Gemeinde vorgenommen werden“ (§ 17 II WiVO-RL). Abgedeckt sind damit auch die Dienste von Küster:innen und Organist:innen sowie die Bereitstellung der Gottesdienststätte (ebd. III). Selbst von Mitgliedern anderer Kirchengemeinden dürfen Unkostenbeiträge nur in Ausnahmefällen (etwa bei der Hochzeit in einer beliebten „Traukirche“) und in begrenztem Umfang erhoben werden (ebd. IV) und dies auch nur auf Basis einer genehmigten und veröffentlichten Gebührenordnung (§ 44 I WiVO). Warum müssen Kirchenmitglieder, wenn sie eine Kasualie außerhalb ihrer Wohnortgemeinde feiern möchten, überhaupt zur Kasse gebeten werden, solange der Aufwand sich in Grenzen hält? Könnte ein finanzieller Ausgleich zwischen den jeweiligen Gemeinden hier nicht über das kirchliche Umlagesystem organisiert werden?

Nicht minder wichtig ist eine personelle Kooperation. Dann müsste die Profilierung einzelner Gottesdienststätten nicht nur stillschweigend toleriert, sondern könnte gezielt gefördert werden. Einige Kirchen eignen sich wegen ihrer besonderen Atmosphäre oder ihrer günstigen Lage als „Traukirche“, andere z. B. wegen eines markant im Kirchraum platzierten Taufbeckens für Taufgottesdienste, andere wiederum, etwa in der Nähe eines größeren Friedhofs, als stimmungsvolle Orte für Trauerfeiern oder als Kolumbarien.

Um jeden Preis ist zu vermeiden, dass Kasualbegehrende – egal, wo und bei wem sie sich melden – „von Pontius zu Pilatus geschickt“ werden. Schon mit geringem Aufwand und mit vereinten Kräften ließe sich hier die Servicefreundlichkeit steigern. Ein Kirchenmitglied sollte für eine Kasualie grundsätzlich jede Pfarrperson und jedes Gemeindeamt in der Landeskirche ansprechen können. Die erforderlichen Informationen und Dokumente einzuholen, liegt dann in der Verantwortung der kirchlichen Expertinnen und Experten. Mitarbeitende in Kirchenläden, City-Kirchen und Wiedereintrittsstellen müssen zu allen Fragen rund um Kasualien auskunftsfähig sein und Suchende bei Bedarf gezielt weitervermitteln können. Superintendenturen und Verwaltungsämter, evtl. zusammen mit geschulten Ehrenamtlichen, könnten arbeitsteilig eine Kasualhotline bedienen. Erste Landeskirchen und Bistümer machen bereits ermutigende Erfahrungen mit regionalen Kasualagenturen. Als Servicestellen bieten diese umfassende Informationen zu einer oder mehreren Kasualien, vermitteln den Kontakt zu Pfarrpersonen sowie Gemeinden und leisten Unterstützung bei komplexen Situationen.

 

[Inhalt]
< 2.9 Begleitung und Seelsorge 3 Konkretionen >

 

Beiträge zu “2.10 Information und Kooperation

  1. Ich denke, viele Probleme könnten mit der Einrichtung solcher Kasualagenturen in der Region gelöst werden, erst recht, wenn sie von Personen betrieben werden, die das gerne machen und richtig gut können. Es ist utopisch, dass in Zukunft jede Pfarrperson und jedes Gemeindeamt diesbzüglich ansprechbar und auskunftsfähig werden könnte. Die Durchführung von Kasualien kann aber mit den richtigen Leuten (Liturginnen und Liturgen, Musikerinnen und Musikern sowie fitten Bürokräften) mit Hilfe solcher Agenturen gelingen. Ich würde sie anders nennen. Was bleibt, ist aber die Frage nach der Finanzierung von Orten und Räumen und dem ortskundigen Fachpersonal. Gerade mit Blick auf die zukünftige Frage, welche Gebäude sich Kirche, nicht nur mit Blick auf Treibhausgasneutralität, leisten kann, stellt sich eben auch bei Kasualien die Frage nach den Kosten für die Raumnutzung. Die Kosten für die Bewirtschaftung und Unterhaltung von Gebäuden sind nunmal da, und auch die Kosten für das zuständige Personal, die sich um diese Gebäude kümmern (Hausmeister, Küster usw.). Ich fürchte, das wird schwierig, da mit den Gemeinden in einer Region zu einer Einigung zu kommen. Was wird eine Gemeinde sagen, die einfach keinen „schicken“ Gottesdienstraum hat und andauernd für die Nutzung anderer Kirchen bezahlen soll? Und was ist mit den Nicht-Mitgliedern? Angesichts der Tatsache, dass Hochzeitspaare für „die Location“ hohe Preise zu zahlen bereit sind, ist das wahrscheinlich das geringere Problem und muss eine Einzelfallregelung bleiben. Die Erfahrung lehrt auch, dass, wenn man den Menschen erklärt, wie sich das nun mal mit der Finanzierung von Kirchengebäuden verhält, auch fast jeder Verständnis dafür hat. Es wird ja keine Gemeinde Wucherpreise für die Nutzung ihrer Gebäude aufrufen. Aber irgendwie muss Kirche ja auch über alternative Einnahmequellen nachdenken. Völlig legitim.

  2. Letzter Abschnitt: „Schon mit geringem Aufwand … ließe sich hier die Servicefreundlichkeit steigern.“ Der Satz mutet an wie eine neue Strophe im Lied: „Das bisschen Haushalt“. Ein Dienst, der Qualität voraussetzt, ist immer mit Aufwand verbunden.

  3. Das von evangelischen Kirchenmitgliedern nur weil sie aus einer anderen Gemeinde stammen, Gebühren erhoben werden ist ein Unding und typisches Kirchturmdenken, das endlich aufgebrochen gehört –
    auch dass sich manche Heimatpfarrer:innen bei überschaubarer Entfernung quer stellen, mitzukommen, oder manche Ortspfarrer:innen (manchmal auch auf Vorgabe des Presbyteriums hin) ohne „besondere Kirche“ der Übernahme eines Dienstes verweigern, ist ein Ausdruck fehlender Servicementalität und manchmal auch mangelnder Kollegialität –
    es braucht eine regionale übergemeindliche Planung kirchlicher Orte nach objektiven Kriterien –
    und die grundsätzliche Haltung, dass jede:r sich zunächst erst einmal zuständig fühlt (was ja nicht am Ende heißen muss, auch zuständig zu sein).

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