Gustav Heinemann

„Ein halber Christ ist ein ganzer Unsinn.“ Diesen viel zitierten Satz des ehemaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann (1899-1976) habe dieser auch für sein eigenes Leben konsequent beherzigt, sagt der rheinische Archivdirektor Dr. Stefan Flesch. Dabei sei Heinemann bis zu seinem 30. Lebensjahr „religiös – gelinde gesagt – unmusikalisch gewesen“.

Wie er sich zu einem fest im Christentum wurzelnden Menschen und Politiker entwickelte, der im NS-Staat für die Bekennende Kirche stritt? Seine Herkunftsfamilie gehörte keiner Kirche an. Dass er zu einem überzeugten Protestanten wurde, verdankt er seiner Frau Hilda, die Theologie studiert hatte. Sie weckte sein Interesse für Religion und brachte ihn in die Kirchengemeinde Essen-Altstadt. Beeindruckt von deren Pfarrer Friedrich Graeber engagierte sich das Ehepaar aktiv in der Gemeinde. Gustav Heinemann wurde 1933 ins Presbyterium gewählt und in die Kreissynode Essen entsandt. Hier kam es zum Streit mit den nazitreuen Deutschen Christen. Für ihn waren dies Rechtsbrecher und er schlug sich auf die Seite der Bekennenden Kirche.

Ab 1934 im Führungskreis der Bekennenden Kirche

Im Februar 1934 vertrat Heinemann die „Freien Presbyterianer des Westens“, eine Personalgemeinde um Pfarrer Graeber, auf der ersten freien evangelischen Synode im Rheinland – Keimzelle der Bekennenden Kirche (BK), die Widerstand gegen die Kirchenpolitik der Nazis leistete.  Die Synode wählte ihn zum Rechtsexperten in den rheinischen Bruderrat. Im Mai 1934 nahm Heinemann an der Barmer Bekenntnissynode teil und gehörte seitdem zum Führungskreis der BK.

Einer der Unterzeichner des Stuttgarter Schuldbekenntnisses

Im August 1945 berief man den engagierten Protestanten in den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), in dem er bis 1967 mitarbeitete. Im Oktober 1945 war er unter den Unterzeichnern des Stuttgarter Schuldbekenntnisses, mit dem die evangelische Kirche ihre Mitverantwortung an den Verbrechen des NS-Staates bekannte und sich anklagte, „nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt“ zu haben. 1948 wurde er von der ersten gesamtdeutschen Kirchenversammlung zu ihrem Präsidenten gewählt. Von 1949 bis 1955 war er Präses der EKD-Synode. In den 1960er Jahren verlieh ihm die Universität Bonn für sein langjähriges Wirken die theologische Ehrendoktorwürde.

Gegen Militarismus und Untertanengeist

Auch in seiner politischen Karriere nach dem Krieg blieb das Christentum sein Leitbild. Vor allem im Stuttgarter Schuldbekenntnis sah er eine Richtschnur für sein Handeln beim Aufbau eines neuen demokratischen Deutschlands mit mündigen Bürgern. Als Bundesminister und später als Bundespräsident setze er sich gegen Militarismus und Untertanengeist ein. Er stritt gegen die Wiederbewaffnung und gegen Atomwaffen. Als Staatsoberhaupt sah sich Heinemann als Bürgerpräsident.

Ehrengrab auf dem Parkfriedhof in Essen

Gustav Heinemann starb am 7. Juli 1976 in Essen. Auf seinen Wunsch hin beerdigte ihn sein Freund Helmut Gollwitzer. Heinemann bekam ein Ehrengrab auf dem Parkfriedhof in Essen.

Wandbild-Motiv aus TV-Serie „Zu Protokoll“

Das überlebensgroße Porträt des ehemaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann im Landeskirchenamt wurde von dem Kölner Künstler Harald Klemm geschaffen. Das Motiv entstammt einer Ausgabe der TV-Gesprächsreihe „Zu Protokoll“ aus dem Jahr 1968, in der der Journalist Günter Gaus den Politiker interviewte. Sehen Sie selbst:

Gustav Heinemann

> > Zur Übersicht aller „Rheinischen Kircheköpfe“

Ähnliche Artikel

Friedrich Wilhelm Raiffeisen

weiterlesen

Heinrich Held

weiterlesen

Georg Maus

weiterlesen