Eden und der Weltgarten auf der Landesgartenschau

Das positive Feedback der Besucher im Sommer hat die Veranstalter beflügelt: Die Landesgartenschau in Kamp-Lintfort wurde bis zum 25. Oktober verlängert und lädt weiter zum Entdecken und Flanieren ein. Zwei der Gartenprojekte hat auch die  Evangelische Kirche im Rheinland unterstützt – den Weltgarten und den Garten Eden.

Eine Besucherin nimmt sich Zeit für den Wunschbaum im Garten Eden. Auf Zetteln können eigene Gedanken festgehalten werden.

Es riecht nach Lavendel. Wer beim ersten Schritt in den Garten unter dem hohen Stahlbogen tief einatmet, der sammelt eine Vielzahl an Gerüchen. Kräuter in den Hochbeeten schicken ihren Duft durch den Garten. Stauden und Bäume präsentieren sich in herbstlicher Form. Und während sich die Nase noch mit den Düften beschäftigt, finden die Augen einen kleinen Pfad, der zu einem Apfelbaum führt.

Hier, wo die Geschichte von Gott und seinen Menschen eine Wende nahm, will ein Baum nun zum Mittler zwischen Himmel und Erde werden. An seinen Ästen flattern kleine Zettel im Wind, auf die Besucherinnen und Besucher ihre Wünsche und Gebete geschrieben haben. Wer mag, kann einen der bunten Zettel aus dem Kasten nehmen und sein eigenes Gebet dazu hängen – um dann gedankenvoll weiterzuschlendern.

Pflanzen erzählen Geschichten aus den heiligen Schriften

Christen und Muslime aus Kamp-Lintfort haben sich an einen Tisch gesetzt, den Verein „Eden“ gegründet und ihre bunten Ideen eingebracht, um einen „Glaubensgarten der Religionen“ zu entwerfen und so Teil der Landesgartenschau auf dem ehemaligen Zechengelände zu werden. Im Schatten des längst still gelegten Förderturms haben sie einen Garten geschaffen, in dem unzählige Pflanzen einen Platz gefunden haben, die Geschichten aus den heiligen Schriften der Religionsgemeinschaften erzählen: der Lavendel und Lilien, ein Olivenbaum, eine Feige, der Apfelbaum.

Garten Eden: Ein Stein schickt Wasserfontänen zu benachbarten Steinsäulen.

Kleine Tafeln erinnern an Verse aus den heiligen Schriften und machen neugierig, weiter zu entdecken und weiter zu gehen – vorbei an bronzenen, kunstvollen Schrifttafeln mit Versen aus muslimischer, christlicher und jüdischer Tradition bis zu einem Stein, aus dem Wasserfontänen springen. Hier hat der Steinmetz in den verschiedenen Sprachen der drei Religionsgemeinschaften das Wort „Eden“ in den Stein graviert – das Logo des Gartens.

Statt großer Veranstaltung: Segenskarten und kleine Gespräche

„Viele Menschen erzählen uns, dass sie an diesem Ort Ruhe finden“, sagt Andrea Kröger. Gemeinsam mit Martina Oertel sitzt sie nebenan auf der kleinen Bühne. Eigentlich hatte auch das „Neue Forum“, das im Kirchenkreis Moers für Erwachsenenbildung zuständig ist, Veranstaltungen im Garten geplant. Dann kam ihnen – wie so vielen anderen Gruppen – Corona dazwischen. „Wir wollen trotzdem für die Besucher da sein“, sagt Martina Oertel. Deswegen verteilen sie heute Segenskarten und freuen sich über kleine Gespräche.

Auf Begegnung ausgelegt: Wegen der Corona-Pandemie fallen viele Veranstaltungen im Garten Eden aus, jeden Tag um 12 Uhr wird aber zum „Wort des Glaubens“ eingeladen.
Wegen der Corona-Pandemie fallen viele Veranstaltungen im Garten Eden aus, jeden Tag um 12 Uhr wird aber zum „Wort des Glaubens“ eingeladen.

Eigentlich sei der Garten auf Begegnung angelegt gewesen, sagen die beiden Frauen und deuten auf die Steinkreise, die sich zwischen Hochbeeten und Bäumen in das rund 850 Quadratmeter große Gelände schmiegen. Jeden Mittag um 12 Uhr lädt der Verein „Eden“ zum  „Wort des Glaubens“ ein. Vertreter der Religionsgemeinschaften bringen einen Impuls, eine Frage, eine Andacht oder Musik mit in den Garten. „Viele Menschen kommen regelmäßig und freuen sich über das Angebot“, sagt Andrea Kröger. In dieser Atmosphäre kommen sie ins Gespräch oder finden einen Platz der Ruhe – je nachdem, was sie suchen.

Gartenprojekt stärkt die religiöse Gemeinschaft vor Ort

„Mehr als zwei Jahre intensive Planung und Arbeit stecken in diesem Projekt“, hatte Lutz Zemke, Presbyter der Evangelischen Kirchengemeinde Lintfort und  Vorsitzender  von „Eden e.V“ zur Eröffnung berichtet. Und: „Wir sind dadurch als Gemeinschaft zusammengewachsen.“

Dazu gehören neben der Evangelischen Kirchengemeinde Lintfort und der Katholischen Pfarrgemeinde St. Josef die Islamische Gemeinde der Bosniaken, die DITIB  Haci Bayram Moschee, die Alevitische Gemeinde, die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde, die Neuapostolische Kirche , die Freie evangelische Gemeinde Hoerstgen sowie der  Lintforter Integrations- und Bildungsverein. 120.000 Euro haben sie mit Unterstützung der Evangelischen Kirche im Rheinland, des Bistums Münster, des Evangelischen Kirchenkreises Moers und der Sparkasse Duisburg Stiftung investiert – um den Segen mitten im Garten auch für andere spürbar werden zu lassen.

Mitmachen im Weltgarten und mehr über Nachhaltigkeit lernen

Fairhandelsberaterin Judith Klingen (links) und Eine Welt-Promoterin Christina Kockerols haben im Weltgarten auf Kuhdame Verona Platz genommen.

Wer den Glaubensgarten wieder verlässt und ein paar Schritte zurück Richtung Hauptweg geht, der entdeckt schnell die bunten Säulen des Weltgartens. Ziemlich am Ende der Reihe der insgesamt 19 gestalteten Gärten, hat der Verein zur Förderung des Fairen Handel(n)s am Niederrhein mit dem Weltgarten des  „Eine Welt Netz NRW“ einen Ort zum Mitmachen geschaffen.

Bereits seit 2005 macht der Weltgarten Station auf Bundes- und Landesgartenschauen, Zoos und Tierparks – seitdem wächst und gedeiht er, will Antworten finden, wie Menschen  zukunftsfähig leben können und zum Entdecken einladen. „Wir wünschen uns, dass die Menschen hier das Thema Nachhaltigkeit erleben können“, sagt Christina Kockerols, die neue Eine Welt-Promoterin für den linken Niederrhein.

Anfassen erlaubt – vor allem an den Naschbeeten

Deswegen ist Anfassen im Weltgarten ausdrücklich erlaubt: Das gilt für die bunten Säulen, die die Schüler des Gymnasiums Rheinkamp in Moers gestaltet haben und die den spielerischen Rahmen für das Thema „Weltverteilung“ mit mancherlei Informationen bieten. Das gilt auch für die Naschbeete, in denen auch Kräuter wachsen, die verdächtig nach Lakritz und Limonade schmecken. Und das gilt erst recht für die Hipporoller, die als Einstieg dienen, um über Wasserverbrauch ins Gespräch zu kommen: Dabei kommen große, blaue Fässer mit verschiedenen Wassermengen im Garten in Bewegung.

Kaffee und Kartoffeln, CO2 und Ressourcenmissbrauch: Wer im Weltgarten genau hinsieht, kann eine Vielzahl der großen Themen spielerisch entdecken. So finden Interessierte in einer Holzbox längst vergessene Kartoffelsorten in Jutesäckchen mit Informationszetteln. Ein Stück weiter lädt die bunt gestaltete Kuhdame Fairona zum Verweilen auf ihrem Rücken ein – und gibt gleichzeitig dank aufwändig gestalteter Infotafeln Auskunft über landwirtschaftliche Arbeit. „Wir stellen die Frage: Was hat unser Konsum mit weltweiten Entwicklungen zu tun“, erklärt Fair-Handelsberaterin Judith Klingen. Wer mag, bekommt gleichzeitig Ideen geliefert, um das Muster zu durchbrechen und den fairen Handel zu unterstützen.

Naschen erlaubt: In den Hochbeeten des Weltladens wachsen Kräuter.

Erlebnisparcours: auf den Spuren des fairen Handels

Denn mitten im Erlebnisparcours im Weltgarten bietet das Team fairen Kaffee und faire Limonade an – am Gartentisch oder in dem weißen, markanten Kuppelzelt. Hier können sich Besucherinnen und Besucher auf die Spuren des fairen Handels machen. „Und auch hier sind die Menschen zum Mitmachen eingeladen“, sagt Judith Klingen und weist auf die Unterschriftenliste für ein Lieferkettengesetz hin.

Dann spaziert sie gut gelaunt weiter zu einem Baum, in dessen Ästen schmucke, kleine Kunstwerke hängen. „Upcycling“, erklärt sie. Aus einer alten Konservendose ist ein kleines Insektenhotel geworden, das einer Biene gleicht. Ein Tetra Pak hat sich in eine Geldbörse verwandelt. Im Weltgarten werden Workshops für Gruppen angeboten – trotz Corona. Schulklassen, Gemeindegruppen, Ferienprojekte, Erwachsene und Kinder: Sie alle sind dann zu kreativen Ideen und erfahrungsreichen Entdeckungstouren eingeladen. Wer den Garten dann wieder verlässt und weiterschlendert, der nimmt nicht nur einen ungewöhnlichen Geschmack aus dem Naschbeet mit nach Hause.

INFO

Über weitere Termine im Glaubensgarten informiert der Verein Eden im Kalender auf seiner Webseite und über Facebook. Wer einen Workshop im Weltgarten buchen möchte, findet alle Angebote auf der Internetseite des Netzwerks fair I rhein. Im Verkaufszelt des Weltgartens liegt ein kostenloses „Himmlische Ferien“-Lesezeichen der Evangelischen Kirche im Rheinland aus. Für alle Veranstaltungen gelten die aktuellen Corona-Schutzvorgaben der Landesgartenschau, nachzulesen hier.

Eintrittskarten für die Landesgartenschau 2020 in Kamp-Lintfort kosten für Erwachsene 18,50 Euro, für Kinder von zwei bis 17 Jahren 2 Euro. Dauerkarten für Erwachsene sind für 100 Euro erhältlich, für Familien kosten sie 110 Euro (ein Erwachsener und beliebig viele Kinder) oder 210 Euro (zwei Erwachsene und beliebig viele Kinder). Karten sind an den Kassen und online erhältlich.

  • Theresa Demski
  • Theresa Demski

Ähnliche Artikel

Die kleinste Kapelle am Niederrhein: Die Jona-Kapelle der evangelischen Kirchengemeinde Mönchengladbach-Großheide.

Die kleinste Kapelle am Niederrhein

weiterlesen
Aussenansicht der Versöhnungskirche im LVR-Freilichtmuseum Kommern.

Bartning-Kirche im Freilichtmuseum Kommern wiederaufgebaut

weiterlesen

Loblied auf das Wunder der Menschheitsgeschichte

weiterlesen
Pilgern vor der Haustür

Pilgern vor der Haustür

weiterlesen

Auf Städtetour zu den Citykirchen der rheinischen Kirche

weiterlesen
An einer Kaffee-Bar im „Fairkauf“ der GEPA in Wuppertal können Getränke-Spezialitäten verkostet werden.

Eine Weltreise durch Weltläden

weiterlesen
Geocaching in Saarbrücken

Mit GPS-Signal auf evangelischer Spurensuche

weiterlesen