Tschüss und Gottes Segen

In einem festlichen Gottesdienst wurde Pfarrerin Heike Klute am Sonntag, den 23. Juni 2024 in der Michaelskirche in Uerdingen in ihren Ruhestand verabschiedet. Über 30 Jahre war sie Pfarrerin in der Evangelischen Kirchengemeinde Uerdingen.

Superintendentin Dr. Barbara Schwahn entpflichtete Pfarrerin Heike Klute aus ihrem Amt.

 

Im Anschluss fand ein Empfang im Gemeindegarten statt, mit Aktionen, vielen Dankesworten und ganz persönlichen Begegnungen. Herzlichen Dank Frau Klute und Gottes Segen!

Hier ein Interview mit Pfarrerin Klute aus dem aktuellen Gemeindebrief der Kirchengemeinde:
Liebe Heike, wir unterhalten uns im April. Ende Juni beendest du deinen Dienst als Pfarrerin der Gemeinde Uerdingen und gehst in den Ruhestand. Wie gehst du auf dieses Datum zu?
Pfarrerin Heike Klute: Im Moment ist es ein Wechselbad der Gefühle. Aber das Gefühl der Freiheit überwiegt. Ich habe letztens geträumt von einem Haus, es war nicht mein Wohnhaus, da waren ganz viele Leute, die es ausgeräumt haben. Das war die Angst, es wird alles anders. Es ist ja klar, dass sich nach Jahren etwas ändert, aber ich bin traurig über manches, was jetzt abbricht. Es geht mir noch zu schnell. – Andererseits freue ich mich darauf, viel im Garten machen zu können, das habe ich immer geliebt. Mal sehen, was sich in der nächsten Zeit noch so ergibt. Das ist eine schöne Perspektive.

Wie bist du damals in die Gemeinde Uerdingen gekommen?
Klute: Ich habe mein Vikariat in der Gemeinde Krefeld-Ost absolviert bei Pfarrerin Brüggemann-Diederichs. Zum Hilfsdienst schickte mich Superintendent Kahlen nach Linn. Damals ging dort Pfarrer Müller frühzeitig in den Ruhestand. Pfarrer Hudasch war in dieser Phase mein Mentor. Ich kann mich noch an eine Art „Eignungstest“ der neuen Pfarrerin erinnern: Ich wurde wenige Wochen nach Beginn meines Hilfsdienstes eingeladen zum Kartoffelschälen (!) für den Kartoffelsalat beim Adventlichen Treffpunkt. Ein Hümmelken sei mitzubringen. Ich nahm die Herausforderung an und rüstete mich mit meinem Sparschäler aus … was sehr kritisch von den altgedienten Gemeinde-Frauen gesehen wurde. Jedes Mal, wenn ich eine Kartoffel geschält
hatte – und ich konnte gut im Tempo mithalten (grinst) – legte eine andere ihre in die große Bütt dazu, nahm mehr oder weniger unauffällig meine wieder auf und beurteilte, ob sie gut geschält sei. Schließlich hatte ich den Test bestanden. Im Folgenden änderte sich der Sprachgebrauch von der „neuen Pastorin“ zu „unserer Pastorin“… Puh, Test bestanden!

Und dann bist du gewählt worden?
Klute: Die Pfarrstelle war nach dem Besetzungsrhythmus durch das Landeskirchenamt zu besetzen. Das hat einige Bewerber geschickt. Aber weil die Gemeinde mich haben wollte, bin ich dann gewählt worden. Im Dezember 1994 bin ich eingeführt worden als Gemeindepfarrerin im Bezirk Linn/Gellep-Stratum. Damals gab es noch drei Pfarrbezirke in der Gemeinde. Nur zur
Vertretung durfte ich mal in der Michaelskirche predigen. Und dabei dachte die Gemeinde, ich sei „so hochnäsig“.

Welche markanten Veränderungen in Kirche und Gesellschaft zwischen 1994 und 2024 hebst du hervor?
Klute: Was jedenfalls bei uns weltbewegend war, das war ein plötzlicher Abbruch im Jahr 2005. Vorher hatten wir große Projekte, zum Beispiel 180 Kinder beim Abenteuerspielplatz in Linn, Urlaub ohne Koffer für die Senioren… Und nachdem Pfarrer Stinder in eine andere Pfarrstelle gewechselt hatte, war es wahnsinnig viel Arbeit, sehr viele Konfis, der Neubau in Stratum etc. Das war irgendwann zu viel, ich bin im Januar/Februar 2005 richtig krank geworden. Das Jahr kann man im Grunde streichen. – Und die Corona-Zeit war schlimm. In der Zeit danach war ein sehr mühseliger Neustart nötig.

Welche großen Entscheidungen hat es in deiner Zeit in der Gemeinde gegeben?
Klute: Für mich war einschneidend: die Aufgabe der alten Johanneskirche, da bin ich ordiniert und eingeführt worden. Aber die Gemeinde war pleite, stand unter der Finanzaufsicht des Kirchenkreises, es war alternativlos Kirche mitsamt Pfarrhaus und Gemeindehaus abzureißen und das Grundstück zu verkaufen. Im April 2007 sind wir dann umgezogen in die ehemalige neuapostolische Kirche, die jetzige Johanneskirche, mit der Altarbibel voran.
Und wir haben das riesige Gemeindehaus Kronenstraße verkaufen müssen.
Wichtig war auch, dass wir 1996 mit dem Gemeindeverband die Evangelische Altenhilfe gründen konnten, sonst hätten wir das Michaelsstift zumachen müssen. Jetzt haben wir seit 2004 das Haus im Park an gleicher Stelle stehen.

Die Uerdinger Gemeinde ist deine Lebens-Stelle. Weißt du noch: hast du dir den Pfarrberuf so vorgestellt, wie er dann geworden ist?
Klute: Nein, das hatte ich so nicht. Als ich mich für den Beruf entschied, hatte ich meinen Heimatpfarrer vor Augen, den ich geradezu geliebt habe. Aber ich dachte – vor allem in Bezug auf Kinder- und Jugendarbeit, das muss man besser machen können als er damals. Ob ich es besser gemacht habe? Ich musste dann am Anfang viel Seniorenarbeit machen. Dabei ist es
mehr oder weniger geblieben. Und da war viel, was man gar nicht sieht, vor allem Seelsorge. Ich habe Menschen zum Teil lange begleitet, etwa Schwerkranke, habe Hausabendmahl mit ihnen gefeiert.

Bei welchen Aufgaben schlug dein Herz am meisten?
Klute: Positiv oder negativ?! (lacht) – Besonders schön waren etwa die Gottesdienste in den Altenheimen. Und die „Gottesdienste für alle“ in Stratum, eine Art „Zweites Programm“. Und die Schulgottesdienste mit der Johansenschule, als sie noch wöchentlich stattfanden. Diese Regelmäßigkeit hat viel gebracht, es war toll, mit den Kindern zu theologisieren! Nicht selten
habe ich die Gedanken der Kinder in der nächsten Predigt vorkommen lassen. Und das Jubiläumsjahr 2023 war supergut!

Sicher will man nicht alles im Gemeindebrief veröffentlichen, aber: Was war schwer für dich in der Uerdinger Zeit?
Klute: Dass wir immer weniger Pfarrpersonen wurden. Denn die Arbeit wurde nicht gleichzeitig weniger. Zuerst wurde die Stelle von Pfarrer Stinder nicht wiederbesetzt, dann die Stelle von Pfarrer Hudasch auch noch reduziert – bis auf den jetzt noch verbliebenen ¼-Stellen-Anteil. Außerdem die vielen Herausforderungen mit den Gebäuden der Gemeinde. Ich wollte dann nicht mehr
über Gebäude nachdenken, ich wollte theologisch arbeiten!

Das meiste unserer Arbeit ist flüchtiger Natur, im Vergehen der Zeit. Was würdest du nennen, was für dich bleibende Bedeutung gehabt hat?
Klute: Das ist nicht meine Kategorie, dass etwas bleibt. Inzwischen sehe ich die Gemeinde wie eine Kneipe, wie eine Gaststätte: da gibt es Stammtische für diejenigen, die regelmäßig kommen; da gibt es Ausflugsgäste, die mal hereinschneien; da gibt es diejenigen, die gezielt für ein Ereignis kommen … alle holen sich das, was sie von der Kirche benötigen. Als Pfarrerin bin ich sozusagen die Wirtin, die alle im Blick behält und möglichst dafür sorgt, dass alle zu ihrem Recht kommen.

Inwiefern kannst du eventuell nachfolgenden Pfarrpersonen diese Gemeinde empfehlen?
Klute: Diese Gemeinde kann richtig was auf die Beine stellen! Wie zuletzt das Jubiläumsjahr. Solche Projekte laufen hier richtig gut.

Was macht dir Sorgen im Blick auf die Zukunft der Kirchengemeinde?
Klute: Die Tatsache, dass wir in drei Stadtteilen arbeiten – Uerdingen, Linn und Gellep-Stratum – aber oft nur an Uerdingen denken. Manchmal muss man vielleicht aus Finanzgründen
so entscheiden. Aber die Zentralisation ist nicht das Gelbe vom Ei. So müsste z.B. aus meiner Sicht in Linn jetzt ein Kindergottesdienst angefangen werden.

Was möchtest du der Kirchengemeinde wünschen?
Klute: Dass sie sich auf die Hinterbeine stellt und sich als Gemeinde fühlt und die Leitung in die Hand nimmt! Ein starkes Presbyterium! Und im Gruppenleben: Menschen, die sich
aufraffen und das selbst organisieren, was sie gerne machen möchten!

Vielen Dank für das Gespräch! Und schon an dieser Stelle alles Gute und Gottes Segen für die neue Lebensphase! Nach über 30 Jahren in dieser Gemeinde werden wir dich am 23.6. gebührend verabschieden.

Pfarrer Christoph Tebbe

  • 24.06.2024
  • Bettina Furchheim