Himmelsschauspiel erinnert an den Stern von Bethlehem

Der Stern von Bethlehem hat die drei Weisen zum Geburtsort von Jesu Christus geführt. Diese biblische Erzählung fasziniert auch Sternkundige. Aber warum? Das weiß Michael Geffert, Astronom und evangelisches Gemeindemitglied. Er weist auf ein besonderes Himmelsschauspiel in diesem Jahr hin. Liefert es eine Erklärung für den Weihnachtsstern?

„Da Jesus geboren war zu Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, ihn anzubeten.“ So sind die Ereignisse der Geburt Jesu Christi im Matthäusevangelium 2, 1-2 beschrieben. „Astronomen suchen schon lange nach Erklärungen für diesen Stern von Bethlehem“, sagt Michael Geffert. Eine ihrer Theorien beziehe sich auf ein Himmelsereignis, das derzeit zu beobachten sei: Zwei Planeten, die sich annähern und wie ein heller Stern erscheinen.

Michael Geffert hat die Annäherung zwischen Jupiter (hellster Punkt in der Bildmitte) und Saturn (links daneben) bereits mehrfach fotografiert.

Brückenbau zwischen Glaube und Astronomie

Aber der Reihe nach: Michael Geffert ist Astronom. Bis zu seiner Pensionierung vor eineinhalb Jahren arbeitete er an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn. Seit Februar 2019 betreibt er in seinem Keller das virtuelle Birtzberg Observatorium. Mit drei Computern und einem Scanner bearbeitet er Daten und wertet fotografische Aufnahmen aus. Seine Erkenntnisse speist er in Archive für Forschende ein und verbreitet sie über Vorträge sowie in kleineren Publikationen. Der 67-Jährige ist aber auch Mitglied in der evangelischen Kirchengemeinde Vorgebirge in Bornheim. Gerne baut der ehemalige Leiter des gemeindeeigenen Posaunenchors Brücken zwischen seinem Glauben und der Sternkunde. Etwa, wenn er (Kirchen-)Musik mit astronomischen Aufnahmen und Erläuterungen verbindet. Seit jeher gilt sein Interesse dabei auch dem Weihnachtsstern.

Planeten erinnern am 21. Dezember an Weihnachtsstern

Michael Geffert

Und so verwundert es nicht, dass Geffert derzeit besonders gerne gen Himmel schaut, um eine sogenannte Konjunktion, eine scheinbare Begegnung zwischen Saturn und Jupiter, zu beobachten. Aber was hat das mit seinem Glauben zu tun? „Die beiden Planeten kommen sich immer näher, der Jupiter holt den Saturn langsam ein“, erklärt Geffert. Am 21. Dezember seien sie mit dem bloßen Auge nur noch als ein heller Punkt zu erkennen, der an den Stern von Bethlehem erinnere. „Falls dem Weihnachtsstern wirklich ein astronomisches Phänomen zu Grunde liegt, gilt eine solche Konjunktion unter Fachleuten als wahrscheinlichste Erklärung.“

Was war rund um Jesu Christis Geburt am Himmel los?

Vorstellen könne man sich das wie folgt: Planeten bewegen sich auf festen Umlaufbahnen. Das kann dazu führen, dass zwei Planeten die gleiche Schleife „fliegen“ und sich dabei annähern. Solche Konjunktionen finden teils einmal, teils aber auch dreimal innerhalb eines Jahres statt. „Weil wir die genauen Laufbahnen der Planeten um die Sonne kennen, lässt sich zurückrechnen, in welchem Jahr wo welcher Planet stand“, erklärt der Astronom. Schließlich könne man ein Zeitintervall rund um die Geburt Jesus festlegen und erforschen, was damals am Himmel los war.

Saturn und Jupiter (auf Höhe des Kirchturms) am 5. November im Bornheimer Stadtteil Roisdorf.

Astronom und Theologe Kepler legt Grundstein

„Der erste Astronom, der die mathematischen Grundlagen fand, um die Positionen der Planeten am Sternhimmel zu errechnen, war Johannes Kepler (1571-1630)“, erläutert Geffert. Der Theologe sei schließlich bei der Suche nach möglichen Erklärungen für den Stern von Bethlehem auf eine dreifache Konjunktion in den Jahren 7 und 6 vor Christus gestoßen. In diesem Zeitraum verordnet die Wissenschaft die Geburt. „Von der ersten bis zur letzten Annäherung sind Monate vergangenen. Wenn man sich vorstellt, dass die Weisen eine Reise von ein paar Hundert Meilen vor sich hatten, die gut vorbereitet werden musste, passt das zeitlich sehr gut.“

Symbolik der Konjunktion für die Weisen entscheidend

Es gibt aber noch weitere Gründe, die für diese Theorie sprechen. So galt Jupiter als Königsplanet und Saturn als der Planet des Volkes Israel. Zudem ging die Konjunktion im Sternbild Fische vor sich. Dieses wiederum stand für das Land Palästina. Das könnte laut Geffert zu folgendem Szenario geführt haben: „Da sitzen in Babylon Sternkundige und sehen, wie Jupiter und Saturn sich annähern. Und wenn man diese jetzt als Symbol für den König beziehungsweise das Volk Israel sieht, könnte daraus der Schluss abgeleitet worden sein: ,Da muss es einen neuen König im Volk Israel geben.‘ Und deshalb machten sie sich auf die Reise.“

Wer das Schauspiel beobachten möchte, muss in Richtung Südwesten schauen.

„Astronomen wollen Glauben nicht beeinflussen“

Ob diese Theorie stimmt, oder etwas anderes hinter dem Stern von Bethlehem steckt, ist für Geffert jedoch letztlich nicht entscheidend. „Wir Astronomen wollen keineswegs den Glauben beeinflussen und sagen: ,So ist es gewesen‘“, betont er. Vielmehr suchten sie nach einer plausiblen Erklärung – wie diese Konjunktion sie liefere. Zu sehen sind die beiden Gasriesen Jupiter und Saturn dabei nach Sonnenuntergang als helle „Sterne“. Sie erscheinen am Abendhimmel nebeneinander, eine Handbreit über dem Horizont. Ihr Abstand verringert sich zusehends. Laut der Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie, die Simulationen dieser einmaligen Konjunktion veröffentlicht hat, kommen sie sich am 21. Dezember um 19.21 Uhr so nahe, dass sie mit dem bloßen Auge nicht mehr zu trennen sind.

Nach Sonnenuntergang Richtung Südwesten schauen

Geffert selbst hat das Schauspiel bereits in Fotos festgehalten. „Wer es beobachten möchte, muss einfach nach Sonnenuntergang in Richtung südlicher bis westlicher Richtung schauen.“ Wichtig sei eine ziemlich freie Sicht bis nahe zum Horizont. „Da die Planeten die hellsten sternartigen Objekte in dieser Richtung sind, kann man sie sehr leicht erkennen.“ Und was die Weihnachtsgeschichte angeht, ist für Geffert am Ende eines am wichtigsten: „Die Erzählung ist so schön, dass sie eigentlich keine astronomische Begründung braucht.“

  • 3.12.2020
  • Andreas Attinger
  • Michael Geffert, Gerd Altmann/Pixabay