Den Grundton der Hoffnung durchklingen lassen

Kreissynode tagte in Grefrath-Oedt

„Was hat die Menschen und damit auch uns im Kirchenkreis in diesem Jahr umgetrieben und beschäftigt? Und was trägt uns auch in die Zukunft?“ Das beschrieb Superintendentin Dr. Barbara Schwahn in ihrem Bericht auf der Herbstsynode in der Albert-Mooren-Halle in Oedt anhand von drei musikalischen Figuren: Dreiklang, Kanon und Ostinato, ein sich stetig wiederholendes Muster. Im Dreiklang Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung gebe der Frieden den Grundton, auf dem die Gerechtigkeit aufbaue. „Bewahrung der Schöpfung“ runde den Dreiklang ab. Seit Februar helfen Gemeinden spontan und ebenso kontinuierlich: bei Friedensgebeten, Hilfsgüter für die Menschen in der Ukraine und Unterstützung der Geflüchteten vor Ort. „Frieden schaffen ohne Waffen“ – seit Beginn des Krieges stünden kirchliche friedensethische Positionen wie diese in Frage. Gelten die biblisch fundierten pazifistischen Traditionen nun nicht mehr? „Die Diskussion hierüber ist eröffnet“, sagte Superintendentin Dr. Schwahn. Eine gemeinsame Synodaltagung zum Friedensthema sei von den Kleeblattkirchenkreisen – Aachen, Gladbach-Neuss, Jülich, Krefeld-Viersen – für Frühjahr 2023 geplant.

„Wir erleben, wie der Krieg in der Ukraine bestehende Ungerechtigkeiten verstärkt“, erklärte Schwahn. Sie danke den vielen Presbyterien, die sich der Kampagne der EKD angeschlossen haben und bereits beschlossen, „die Kirchensteuermehreinnahmen im Oktober aufgrund der Energiekostenpauschale diakonischen Projekten zuzuführen für Menschen, die eigentlich ohne Transferleistungen auskommen, aber sich in der jetzigen Lage die hohen Energiekosten nicht leisten können“.
Auf dem Weg zum ökofairen Kirchenkreis, auf dem sich der Kirchenkreis ganz im Sinne der „Bewahrung der Schöpfung“ befinde – bedeute das landeskirchliche Projekt „Treibhausgasneutralität bis 2035“ einen großen Schritt nach vorne: Die Gemeinden mögen bis 2027 entschieden haben, welche kirchlichen Gebäude sie langfristig nutzen möchten. Bis 2035 sollen diese Gebäude dann energetisch saniert werden. Ein entsprechender Gebäudecheck sei im Kirchenkreis bereits erhoben, so dass die Gemeinden eine Entscheidungshilfe haben. Superintendentin Dr. Schwahn ermunterte ausdrücklich „beherzt Entscheidungen zu treffen, die zum Teil schon lange in der Pipeline sind.“

In der zweiten musikalischen Figur, dem Kanon, geben viele Stimmen zusammen einen Wohlklang, auch wenn sie an unterschiedlichen Stellen unterwegs sind. Ein Sinnbild für die strukturelle Anpassung an die Veränderungen in Kirche und Gemeinden. Es gehe darum, in den Regionen herauszufinden, „welche Aufgaben künftig überhaupt wahrgenommen werden sollen, welche gemeinsam und welche in den Gemeinden verantwortet werden sollen.“ Presbyterien sollten sich neben strukturellen Debatten vor allem auch über Inhalte und das, was Ihnen vor Ort wichtig ist, verständigen.

In all den Veränderungsprozessen gebe es auch „gleichbleibendes, das sich durchzieht wie das zu unserem Kanon gehörende Ostinato“: „Wir stehen als Kirche gerade für Beständigkeit und bieten vielen Menschen auch Heimat und Zuflucht.“ Superintendentin Dr. Schwahn betonte: „Unser Fundament ist ein Geistliches. Unser Glaube: Jesus Christus herrscht als König. Oder wie das Ostinato in einem anderen Gesangbuchlied: Siehe ich bin bei euch alle Tage. Die Menschen erwarten, dass wir den Funken Hoffnung am Glimmen halten, dass sich wieder einiges zum Guten wendet und die Welt wieder ins Lot gerät. Diesen Grundton der Hoffnung hartnäckig und eigensinnig durchklingen zu lassen inmitten aller Umwälzungen und neben aller Empathie für das Leiden von Menschen in und an den Krisen, das ist unser Auftrag.“

Diakonie baut ihre Schwerpunkte aus
Die Diakonie Krefeld & Viersen will ihre Schwerpunkte weiter ausbauen: die Hilfen für Familien, Eltern, Kinder und Jugendliche sowie die Hilfen für Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten. Zudem werden sich, so Geschäftsführer Ludger Firneburg, die Gemeinden und das diakonische Werk zunehmend vernetzen. Eine Ladenkirche in der Krefelder Innenstadt – in Kooperation mit der Citykirche des Gemeindeverbands Krefeld – sei geplant, ebenso wie eine Anlaufstelle mit einem Angebot allgemeiner sozialer Beratung.

Verwaltung ist gut aufgestellt
Die Verwaltung des Kirchenkreises ist gut aufgestellt, erklärte Verwaltungsleiter Martin Schmidt in seinem Bericht. Ob Jahresabschlüsse der Gemeinden, die Umstellung auf die neuen Regeln zur Umsatzbesteuerung, Beratung in Bauangelegenheiten, Grundsteuererklärungen oder Umsetzung landeskirchlicher Software – all das trage dazu bei. Ebenso eine positive und umfassende Kommunikationskultur. Der Haushalt des Kirchenkreises 2023 wurde beschlossen mit einem geringen Defizit. Bei einem Volumen von 7,9 Millionen Euro ist eine Rücklagenentnahme von 37.000 Euro geplant.

Satzung für Eigenbetrieb Kindertagesstätten beschlossen
Evangelische Kindertagesstätten sind ein sichtbares Element der Gemeinden. Damit diese auch in Zukunft erhalten bleiben, wurde jetzt eine Satzung für einen Trägerverbund der KiTas im Kirchenkreis in Form eines Eigenbetriebes beschlossen. „Erfahrungen anderer Träger zeigen, dass dieses Modell sehr tragfähig ist und ein wirtschaftlicher Betrieb gewährleistet werden kann“, erklärte Friedel Tischler, Osterath, von der zuständigen Projektgruppe. Zum nächsten KiTa-Jahr wird der Eigenbetrieb starten. Viele der Gemeinden haben sich bereits entschlossen, ihre Trägerschaft an den Eigenbetrieb abzugeben. Für Pfarrerin Kathinka Brunotte aus Viersen, ebenfalls Mitglied der Projektgruppe, bedeutet dies „eine große Entlastung und Professionalisierung“. Sie freue sich darauf, in die KiTa „künftig „nur“ als Pfarrerin und Seelsorgerin kommen zu können, ohne den Verwaltungs- und Dienstaufsichtshut mit im Gepäck zu haben“. Alle Verwaltungsangelegenheiten wie auch Personalfragen liegen dann beim Eigenbetrieb.

Seelsorgeausschuss gewählt
Gewählt wurde neu ein kreiskirchlicher Seelsorgeausschuss. In ihm sind Mitglieder aus allen Bereichen vertreten, in denen Seelsorger*innen tätig sind: aus Gemeinden, Schule, Krankenhaus, JVA und Diakonie, ebenso wie ein Vertreter aus Polizei/Feuerwehr/Rettungsdienst und ehrenamtliche Mitarbeitende aus den Kirchengemeinden.


Was gibt Halt im Leben?
In seiner Andacht zu Beginn der Synode stellte Pfarrer Dr. Michael Haarmann das Motto der ökumenischen Friedensdekade „Zusammen:Halt“ in den Mittelpunkt. Er ging den Fragen nach „Wie können wir zusammen – Krieg und Gewalt Einhalt gebieten?“ und „Was hält uns zusammen als Gemeinschaft, was gibt Halt im Leben?“ Als Religionslehrer und Seelsorger für Kinder und Jugendliche in der LVR-Klinik Viersen stehe er immer wieder vor diesen Fragen. Erschreckend sei, wenn junge Menschen sagen: „Für mich ist doch alles Sinn-los“. Seit dem Kriegsbeginn gegen die Ukraine, stehe er an jedem Donnerstag mit Kindern und Jugendlichen in der Schulpause um eine Tischtennisplatte. „Wir wollen ein kleines Zeichen setzen, dass wir uns mit Gewalt und Krieg nicht abfinden. Plakate in der Schule laden dazu ein. Wir stehen da – nach wenigen Worten – und schweigen 3 Minuten. Es ist ein kleiner Schritt aus der Ohnmacht heraus, verbunden mit der Bitte an Gott, dass ER Frieden und Gerechtigkeit stärken möge …“ Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden stehe in Röm 12,18. „Es ist unser Auftrag, diese Hoffnung wachzuhalten und ihr mit unseren Kräften entgegenzugehen!“

  • 13.11.2022
  • Bettina Furchheim
  • Bettina Furchheim