Was macht Corona mit unseren christlichen Partnergemeinden in Namibia?

Corona und kein Ende: Während bei uns das Gefühl von Freiheit sich breitmacht und endlich wieder Reisen geplant werden, ist die Infektionsrate in Namibia so hoch wie noch nie. Über 2000 Fälle täglich, die Hälfte davon in Windhoek, dazu „endlose Todesfälle“ in Kirche und Politik. Krankenhäuser haben keine freien Betten und keinen Sauerstoff mehr. Pfarrer*innen aller Kirchen und Mitglieder der Regierung sind schwer erkrankt und einige verstorben. Die Impfkampagne ging erst Ende April los, zurzeit gibt es 2.250 Impfdosen pro Tag, für eine Bevölkerung von 2,5 Millionen! Fast Zweidrittel der Bevölkerung leben in extremer Armut und in beengten Verhältnissen, die Zahl der Arbeitslosigkeit stieg aufgrund der Pandemie radikal an.

Vor einiger Zeit war die leitende Pfarrerin Betty Schroeder aus Windhoek live bei einer Sitzung des Partnerschaftsausschusses  zugeschaltet. Sie vertritt den Windhoek District unserer Partnerkirche AMEC  und berichtete von der Lage im Land.

Betty Schroeder möchte nicht als erstes über die Probleme reden. Sie dankt der Spendeninitiative des Kirchenkreises, aufgrund dessen Zeichen der Hoffnung gesetzt werden konnten. Ihren ausführlichen Bericht hat sie zur Verfügung gestellt. Alle 10 Gemeinden im „District Windhoek“ der AMEC von der Küste über Windhoek bis weit in den Osten haben Lebensvermittel-Verteilaktionen für die Ärmsten und Kranken organisiert. Viele Gemeinden haben die Arbeit ihrer Suppenküchen verstärkt, u.a über mobile Verteilstellen. Einige Pfarrer*innen, die in ihrem säkularen Beruf ihre Arbeit verloren haben, wurden unterstützt. Nun ist ein neuer Lockdown verordnet worden, kein Gottesdienst darf mehr stattfinden.

Auf dem Bild ist  Pastor Charles Mutambo vor dem Gemeindehaus der BGK Eben Ezer Gemeinde in Katutura zu sehen, in einem der problematischsten Viertel. Gegenüber vom Kirchengelände betreibt ein Alkohol- und Drogenhändler seine Geschäfte, fast alle in diesem Gebiet sind arbeitslos, die Kinder wachsen oft allein mit den Großeltern oder den älteren Geschwistern auf. Dort unterstützt die Partnerschaft seit Jahren eine Suppenküche verbunden mit einer Hausaufgabenhilfe und persönlicher Begleitung. Bis zu 200 Kinder kommen täglich. Im März 2020 hatte eine Delegation des Kirchenkreises diesen Ort besucht. Damals begann gerade der erste Lockdown. Im April diesen Jahres war ein Presbyter aus Mönchengladbach längere Zeit dort und hat gute Kontakte zu Pastor Charles aufgebaut. Jetzt soll wenigstens weiterhin Essen verteilt, mobil an einem neutralen Ort. Die Kinder holen in Blechnäpfen ihre Ration und nehmen sie dann mit, um auch anderen zuhause davon abzugeben.

Der Partnerschaftsausschuss hat beschlossen, aus Spendenmitteln des Kirchenkreises, die Sanitäranlagen in diesem Zentrum zu erweitern und die Kanalisation instand zu setzen, damit die Einrichtung nicht vom Staat geschlossen wird. Ebenso bereitet die Gewalt-Situation in der Gegend große Sorgen. Eine bessere Sicherung des Geländes scheint notwendig. Am Pfingstsonntag fand man auf dem Hof des Kirchengeländes eine Leiche; es war eine 29-jährige Frau, die misshandelt und getötet worden war. Für den Pastor ist es eine schwere Aufgabe, Menschen in dieser Situation zu begleiten, zumal viele Pastor*innen durch Corona auch persönlich schon Schicksalsschläge erlitten haben. Betty Schroeder bittet um Hilfe bei der fachlichen Beratung, wie Kirche mit diesen traumatischen Erfahrungen umgehen kann, aber auch ganz konkret bei der finanziellen Unterstützung der Kolleg*innen, die in ihrem weltlichen Beruf arbeitslos geworden sind. Für die Anteilnahme und Fürbitte seitens des Kirchenkreises bedankt sie sich sehr herzlich.

Pfarrer Christian Sandner, jetzt im Ruhestand,  war in den vergangenen Jahren schon häufiger in Namibia und  im Gottesdienst der AMEC, besonders auch in der oben genannten  Gemeinde. „Die Menschen singen und schöpfen Hoffnung in ihren Liedern“, berichtet er. „ In öffentlicher Fürbitte werden die Nöte der einzelnen vor Gott ausgesprochen, in eindringlichen Predigten wird dann die Botschaft des Evangeliums verkündet. Der Glaube ist tief, an Jesus, den gekreuzigten und auferstandenen Herrn. Beim Verabschieden nach dem Gottesdienst sieht man viele strahlende Gesichter. Die Menschen gehen ermutigt nach Hause, im Glauben aber auch in ihrem sozialen Engagement gestärkt.“

Doch der Gottesdienst live ist jetzt wieder nicht möglich. Die Botschaft wird über Videos und WhatsApp-Posts unter die Menschen gebracht. Aber das hat nicht die gleiche Wirkung. „Es ist gut, wenn wir unsere Geschwister im Glauben vor Augen behalten und für sie beten. Auch dass sie Mut und Phantasie behalten, in der sozialen Fürsorge für andere da zu sein. Denn das sind die Menschen aus dem Viertel, die gar nicht ihre Gemeindeglieder sind. Die Kinder, die hier betreut werden und zunächst einmal Essen bekommen, erfahren unmittelbar, was christliche Nächstenliebe bedeutet“, sagt Pfarrer Sandner.

  • 9.10.2021
  • Red
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