Angesichts des Erstarkens einer völkisch-nationalistischen Ideologie in Deutschland und der Wahlerfolge der in Teilen rechtsextremen AfD hat der frühere Berliner Bischof Dr. Markus Dröge die Kirchen aufgefordert, Orte des sachlichen Streites und des politischen Diskurses zu schaffen, aber auf biblischer Grundlage auch klare Positionen zu beziehen, wenn die von der Menschenwürde geprägten Grundwerte und Freiheiten des Grundgesetzes gefährdet sind. „Hier muss ein klarer Kurs gefahren werden“, machte der evangelische Theologe in Simmern deutlich.
In diesem Jahr sei das Grundgesetz 75 Jahre alt geworden, hob Markus Dröge hervor. „Als Christinnen und Christen können wir dankbar sein für die freie und vielfältige Gesellschaft mit einer unantastbaren Menschenwürde, wie sie diese Verfassung garantiert“, unterstrich der Alt-Bischof, der viele Jahre auch Superintendent des Kirchenkreises Koblenz war, im Simmerner Schloss. Die Kirche würde den Menschen als Ebenbild Gottes sehen, dem würde das Menschenverständnis des Grundgesetzes entsprechen. „Mit dem, was diese Verfassung postuliert, können wir uns als Christinnen und Christen identifizieren“, meinte er und verwies auf die Religionsfreiheit, den Schutz der Schwächeren und von Minderheiten, aber auch die Demokratie mit ihren Institutionen. „Diese vom Grundgesetz betonte Gesellschaft ist ein hohes Gut, für die Christinnen und Christen einstehen müssen“, unterstrich Dröge nachdrücklich.
Bisher hätten Politiker und Parteien trotz mancher Kritik an der gesellschaftlichen Realität auf dem Boden des Grundgesetzes gestanden und es hätte einen verbreiteten Konsens hinsichtlich dieses Menschenbildes und auch der Demokratie und ihrer Institutionen gegeben. „Doch dieser Konsens wird von einer Partei wie der AfD in Frage gestellt, der Wertekonsens wird aufgebrochen und lächerlich gemacht, die demokratischen Institutionen als elitäres Kartell abgewertet. Die Wertehaltung des Grundgesetzes soll verschoben werden“, warnte der frühere Berliner Bischof und heutige Vorstandsvorsitzende der in Berlin ansässigen Stiftung Zukunft.
„Und hier haben die Wahlergebnisse der AfD bereits Folgen gezeigt“, machte Markus Dröge deutlich. Es würden Menschengruppen verächtlich gemacht, ein völkisches Bürgerverständnis greife um sich, die vielfältige Gesellschaft werde als Problem und nicht als Bereicherung gesehen, erläuterte der Alt-Bischof. „Dies muss ernst genommen werden. Hier muss die Kirche ihre Stimme erheben“, unterstrich Dröge nachdrücklich.
„Die evangelische Kirche ist ein Feindbild der AfD. Denn sie steht für all das, was diese Partei bekämpft. Sei es der Einsatz für Flüchtlinge, gendern, ein einiges Europa, Gerechtigkeit oder die Erinnerungskultur an die NS-Zeit“, hob Markus Dröge hervor. Und er machte klar: „Es kann jetzt nicht darum gehen, dass man als Kirche neue Strömungen moderiert, sondern es ist nötig, auf theologischer Grundlage Position zu beziehen.“ Denn: „Die AfD-Ideologie ist mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar.“
Hier komme auch der evangelischen Bildungsarbeit eine wichtige Aufgabe zu, betonte der ehemalige Bischof. „Wir müssen die Menschen befähigen, Verantwortung wahrzunehmen, die Demokratie sowie die von der Menschenwürde geprägten Grundwerte und Freiheiten, die in unserer Verfassung garantiert werden, zu verteidigen“, so Markus Dröge. Evangelische Erwachsenenbildung sei Teil einer wehrhaften Demokratie. Und klare ethische Positionen seien keine Parteipolitik, sondern die Verteidigung der Grundwerte des Grundgesetzes, gab er zu bedenken.
Klare Worte im Simmerner Schloss. Der evangelische Kirchenkreis Simmern-Trarbach hatte gemeinsam mit dem Evangelischen Erwachsenenbildungswerk (eeb) Rheinland-Süd, das in Simmern seinen Sitz hat, zu dieser Veranstaltung eingeladen. „Hier merkt man, dass uns dieses Thema trifft“, unterstrich Superintendent Markus Risch. Kirche sei auch Zivilgesellschaft und nach wie vor eine Großorganisation. „Darum ist es wichtig, dass auch wir uns für diese Gesellschaft einsetzen und sie vor Extremisten schützen“, so Risch in Simmern.