Wie Kirchen und Kommunen gemeinsam dem Leerstand trotzen

Nicht mehr jedes Kirchengebäude oder jedes Pfarrzentrum wird in Zukunft noch für seinen ursprünglichen Zweck gebraucht. Wie kirchliche Gebäude erhalten und zum Wohle der Gemeinschaft umgenutzt werden können, zeigt der neue Handlungsleitfaden „Stärkung der Dorfgemeinschaft – ein Leitfaden für die zukünftige Erhaltung, Umnutzung und Integration von kirchlichen Gebäuden in die Dorfgemeinschaft“, den der saarländische Minister für Inneres, Bauen und Sport, Reinhold Jost, am Mittwoch, 27. Juli, gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der katholischen und evangelischen Kirche vorgestellt hat.

„Kirchliche Immobilien erfüllen als Begegnungs- und Versammlungsorte wichtige Aufgaben innerhalb von Ortschaften. Die Frage des Umgangs mit potenziell nicht mehr benötigten Immobilien ist daher von großer Bedeutung“, sagte Innenminister Reinhold Jost. „Der heute vorgestellte Leitfaden soll die handelnden Akteure vor Ort bei aufkommenden Problem- und Fragestellungen unterstützen und erste Antworten sowie mögliche Ansprechpartnerinnen und -partner liefern.“ Mit dem präsentierten Leitfaden legt die im Oktober 2019 im Rahmen von Spitzengesprächen der damaligen Landesregierung mit Vertreterinnen und Vertretern der katholischen und der evangelischen Kirche eingesetzte Arbeitsgruppe die Ergebnisse ihrer Arbeit vor. In den vergangenen zweieinhalb Jahren haben unter dem Vorsitz des Innenministeriums Vertreterinnen und Vertreter des Landes (Umweltministerium, Staatskanzlei und Landesdenkmalamt) und der beiden Kirchen die Thematik gemeinsam aufgearbeitet und Lösungsstrategien entwickelt.

Schwerpunkt liegt auf Um- und Nachnutzung

Der inhaltliche Schwerpunkt des Leitfadens liegt auf möglichen Um- und Nachnutzungsoptionen für kirchliche Gebäude sowie der Darstellung von notwendigen Prozessabläufen und den zu beteiligenden Akteuren. Zudem sind eine Zusammenstellung möglicher Förderprogramme des Landes sowie deren Ansprechpartnerinnen und -partner aufgeführt. „Um Leerstand und der Verödung von Ortskernen frühzeitig zu begegnen und gleichzeitig die Bedeutung der teilweise denkmalgeschützten Kirchengebäude zu bewahren, hat das Land ein großes Interesse daran, die Kirchenhäuser bei der Frage zukünftiger Nutzungsmöglichkeiten der vom Leerstand bedrohten Immobilien zu unterstützen“, sagte der Minister weiter.

Dr. Georg Breitner (Landesdenkmalamt), Minister Reinhold Jost, Ordinariatsdirektorin Katja Göbel (Katholisches Büro), Superintendent Christian Weyer (Evangelischer Kirchenkreis Saar-West), Sandra Kölle (Innenministerium) und Generalvikar Dr. Ulrich von Plettenberg (Bistum Trier) bei der Vorstellung des neuen Leitfadens. (Foto: evks/Eulenstein)

„Die Evangelische Kirche im Saarland übernimmt gerne Verantwortung“

Der Superintendent des Kirchenkreises Saar-West, Christian Weyer, hob die Bedeutung der Zusammenarbeit hervor: „Wenn die Kommunalgemeinde und die Kirchengemeinden zusammenarbeiten, stärkt das die gesamte Gemeinschaft. Die Evangelische Kirche im Saarland nimmt gerne ihre Verantwortung für die Gesellschaft wahr und möchte gemeinsam mit allen beteiligten Akteurinnen und Akteuren dazu beitragen, dass unsere Dörfer lebendig und lebenswert bleiben.“

Praxis zeigt, dass Zusammenarbeit gelingen kann

Im Saarland gebe es eine Reihe von Beispielen, wie eine solche Zusammenarbeit in der Praxis gelingen könne, sagte der Generalvikar des Bistums Trier, Dr. Ulrich Graf von Plettenberg, der stellvertretend für die Diözesen Trier und Speyer sprach: „Bereits in der Vergangenheit sind durch eine fruchtbare Zusammenarbeit unserer Kirchen und der saarländischen Kommunen innovative Gemeinschaftsprojekte entstanden, die künstlerisch und architektonisch stilbildend werden können. Dies zeigt sich etwa an der katholischen Christkönig-Kirche in Saarlouis-Roden oder der St. Bonifatius-Kirche in Dudweiler, die zu Kindertagesstätten umgestaltet wurden. Andernorts konnte durch unsere Zusammenarbeit das kulturelle Leben und die Vereinsvielfalt vor Ort gestärkt werden, etwa wenn aus einem Gemeindezentrum ein Multivereinshaus entsteht. Ich danke daher der Arbeitsgruppe, die als konkretes Ergebnis einer Vereinbarung aus dem Spitzengespräch der Katholischen Kirche mit der Landesregierung im Oktober 2019 entstanden ist, für die Erarbeitung des Handlungsleitfadens. Mit seinen Best-Practice-Beispielen kann er für weitere Kommunen und Kirchengemeinden richtungsweisend sein.“

„Dazu beitragen, dass ländlicher Raum gestärkt wird“

Die Leiterin des Katholischen Büros Saarland, Ordinariatsdirektorin Katja Göbel, die selbst in der Arbeitsgruppe mitgearbeitet hat, sagte abschließend: „Um unsere Gemeinden lebendig, lebens- und liebenswert zu erhalten, müssen wir sowohl kirchlich als auch kommunal gemeinsam handeln, um dem Gemeinschaftsleben vor Ort Raum zu geben. Ich freue mich, dass die beiden großen Kirchen im Saarland zusammen mit dem Land nach Lösungen suchen, damit mit mutigen Akteuren vor Ort dazu beigetragen werden kann, dass der ländliche Raum – auch im Hinblick auf Verbindung von Familie und Beruf – gestärkt wird.“

  • 28.7.2022
  • Evangelische Kirche im Saarland
  • Red