Gedenken an die deportierten jüdischen Kinder und ein Blick ins moderne jüdische Leben in Duisburg

Barhäuptig im Regen gedachten Mitglieder der jüdischen Gemeinde und der beiden christlichen Kirchen gemeinsam am Mahnmal der 130 jüdischen Kinder, die zwischen 1938 und 1945 vom Duisburger Hauptbahnhof aus in die Vernichtungslager deportiert wurden.

„Ich sehe die Kinder vor mir, wie sie auf dem Bahnhofsvorplatz stehen, herausgerissen aus ihren Familien und einem schrecklichen Schicksal entgegenfahren“, stellte Stadtdechant Roland Winkelmann den Lebenszusammenhang mit knappen Worten dar. Auf dem Mahnmal, das der Künstler Gerhard Losemann schuf, steht „Von dieser Stelle“. Der Künstler war anwesend. Es muss ihn schmerzen, dass „diese Stelle“ immer noch der provisorische Aufstellungsort am Rande des Harry-Epstein-Platzes ist. Und nicht etwa der inzwischen umgestaltete Bahnhofsvorplatz, für den der Kubus aus fingerdicken Stahlplatten ursprünglich gefertigt wurde.

Der Rabbiner David Geballe, Stadtdechant Roland Winkelmann und Christoph Urban, der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises sprachen abwechselnd Psalmen und ein Totengebet aus der jüdischen Gebetstradition. Klagende Musik kam von der zum Glück wetterfesten Geige des Musikprofessors Igor Epstein.

Pfarrerin und Israelkennerin Ute Sawatzki schlug den Bogen von den ermordeten Kindern zur Gegenwart des Festjahres 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland. „Das Volk Israel lebt und es lebt auch unter uns“, stellte sie fest. „Wenn die getöteten Duisburger Jüdinnen und Juden wüssten – es gibt wieder eine Synagoge in der Stadt, sie wüssten – die Mörder haben nicht gesiegt.“ Vom Mahnmal aus ging der Zug der Menschen durch die Innenstadt bis vor das jüdische Gemeindezentrum.

Dort zeigte sich der Duisburger Oberbürgermeister Sören Link „dankbar für die Entwicklung jüdischen Lebens, das für alle sichtbar wieder einen festen Platz in Duisburg gefunden hat.“ Er nannte besonders den jüdischen Kindergarten und die eigene Begräbnisstätte der Gemeinde als offensichtliche Zeichen. „Für mich bleibt es ein Wunder, dass es nach der Schoa in Deutschland ein jüdisches Leben überhaupt gibt und wie die Gemeinde wächst“, sagte Alexander Drehmann, der Geschäftsführer der jüdischen Gemeinde Duisburg, die inzwischen zweieinhalbtausend Mitglieder stark ist. Für den anhaltenden Dialog zwischen den Religionen machte sich einmal mehr die muslimische Religionspädagogin, Islamwissenschaftlerin und Publizistin Lamya Kaddor stark. Sie hat ihre Kinder im jüdischen Kindergarten und ist oft erstaunt, welche große Toleranz dort gelebt und gelehrt wird.

  • 18.8.2021
  • Sabine Merkelt-Rahm
  • Red