„Wenn es geht, feiert draußen“

Es sind vor allem die kirchlichen Angebote für Kinder, die von Interaktion und aktiver Teilnahme leben. Abstand halten und strenge Hygienevorschriften zu berücksichtigen, fällt da schwer. Wie aber gelingt es, dass Kindergottesdienste dennoch nicht auf der Strecke bleiben?

Nach und nach werden wieder mehr Präsenzgottesdienste gefeiert. Während sich bei Gottesdiensten mit Erwachsenen Hygienevorschriften gut einhalten lassen, gestaltet sich dies mit Kindern deutlich schwieriger. Deshalb hat der Gesamtverband für Kindergottesdienst seit Juli von einer generellen Wiederaufnahme vor den Sommerferien abgeraten. Dabei bleibt es vorerst, wie David Ruddat, Landespfarrer für Kindergottesdienst im Zentrum Gemeinde und Kirchenentwicklung der rheinischen Kirche, berichtet: „Die Regelungen in den Bundesländern sind zu unterschiedlich, als das einheitliche Empfehlungen abgegeben werden können.“ Vielmehr müsse vor Ort individuell mit den Gesundheitsämtern geschaut werden, was möglich sei.

Großer Planungsaufwand und große Verantwortung                                    

David Ruddat ist Landespfarrer für Kindergottesdienst bei der rheinischen Kirche. Foto: Wilfried Olfs
David Ruddat ist Landespfarrer für Kindergottesdienst bei der rheinischen Kirche. Foto: Wilfried Olfs

Denn diese Empfehlung bedeutet laut Ruddat keineswegs, dass Kindergottesdienste nicht wieder in Präsenz gefeiert werden dürften. „Die Gemeinden haben in der Regel ja bereits Hygienekonzepte, die auch dafür genutzt werden können.“ Der Landespfarrer hat diesbezüglich aber durchaus Bedenken. „Ich würde immer fragen, ob das kindgerecht ist, wenn Kindergottesdienste nach diesen Vorschriften gefeiert werden.“ Schließlich seien diese stärker auf Partizipation ausgerichtet. „Das macht es schwieriger, Hygieneregeln umzusetzen.“ Was er damit meint, verdeutlicht er am Beispiel Basteln: „Jeder muss seine eigene Schere haben, es muss desinfiziert werden und so weiter.“ Planungsaufwand und Verantwortung seien dementsprechend groß.

Deshalb hat Ruddat auch eine klare persönliche Meinung: „Ich würde immer sagen: ,Wenn es geht, feiert draußen. Das ist am allereinfachsten.‘“ Weil es an den meisten Gemeindehäusern eine Wiese oder einen Hof gebe, sei das in der Regel kein Problem. „Dort kann man würdig zusammenkommen und trotzdem Abstand wahren.“ Diese Meinung gebe er auch Mitarbeitenden aus den Gemeinden weiter, die ihn um Rat fragen. „Die Reaktionen zeigen mir, dass das ohnehin favorisiert wird. Die Anrufenden sind aber froh, wenn wir ihre Einschätzung bestätigen“, sagt Ruddat, der im Fachbereich Kirche mit Kindern im Zentrum Gemeinde und Kirchenentwicklung angesiedelt ist.

Weggottesdienste, Briefe, Sprechzeichnen und mehr

Entsprechend geht die Tendenz in den rheinischen Gemeinden laut Ruddat zu Angeboten im Freien. Er selbst hat zu Ostern einen „Spaziergang mit Gott“ organisiert. „Die Idee stammt aus der Kirchengemeinde Hennef. Dabei gibt es einen Gottesdienst-Laufzettel mit Texten und Liedern zum Mitnehmen, der zu mehreren Stationen führt“, erklärt Ruddat. Das seien schöne Aktionen für Familien. „Selbst diejenigen, die erst keinen Bock hatten, fanden es am Ende toll“, berichtet er von seinen Erfahrungen. Ein ähnliches Angebot gab es unter anderem auch in der Kirchengemeinde Altenkessel.

Solche Weggottesdienste sind aber nur eine von vielen Möglichkeiten. „Wer nach Inspiration sucht, wird in der ,Ideenbörse: Kinder und Kirche‘ oder auf unserer Homepage fündig“, weist Ruddat auf Ideensammlungen hin. Vieles von dem, was möglich ist, sei dort abgebildet.

Beispiele gefällig? Die Kirchengemeinde Uellendahl-Ostersbaum in Wuppertal hat Kindern mehrere Briefe mit Bastelanleitungen, Geschichten oder Rezepten geschrieben. Es werden vielerorts Freiluftgottesdienste gefeiert – beispielsweise in Xanten und Broich-Saarn – oder Kindergottesdienste für zu Hause erarbeitet. Angetan war Ruddat nach eigenen Worten auch von einem Video-Gottesdienst mit Sprechzeichnen. Das ist eine Methode, bei der während des Erzählens einfache Figuren gezeichnet werden.

Ruddat ist ein Freund von Livestreams                             

Die Handpuppe Strubi ist regelmäßig bei den Zoom-Gottesdiensten der Kirchengemeinde Xanten dabei.
Die Handpuppe Strubi ist regelmäßig bei den Zoom-Gottesdiensten der Kirchengemeinde Xanten dabei.

Derartige Online-Formate sind für Ruddat ohnehin nach wie vor eine tolle Alternative. Um diesbezüglich ein zentrales Angebot zu schaffen, haben die Kindergottesdienstverbände in der Evangelischen Kirche in Deutschland den YouTube-Kanal „kirchemitkindern-digital“ ins Leben gerufen. Dort wird jeden Sonntag ein Gottesdienst als Livestream oder Aufzeichnung ausgestrahlt. „Im Moment ist Sommerpause, weil in manchen Bundesländern noch Ferien sind“, sagt Ruddat. Ein Treffen aller Beteiligten sei aber für den 1. September geplant. „Denn es wird auf jeden Fall weitergehen.“

Ruddat selbst ist ein Freund von Livestreams. „Ich finde es schön, wenn über den Chat Kommunikation stattfindet.“ Denn natürlich fehle bei all diesen Angeboten die Nähe. Interaktion sei auch über Zoom-Gottesdienste sehr gut möglich. „Viele Gemeinden machen das. Ich selbst habe ein paar Mal mit meiner Tochter teilgenommen, beispielsweise in Xanten. Das war immer toll.“

„Lust am Neuen macht Mut“

Ruddat ist generell begeistert von der Kreativität aller Beteiligten. „Ich finde es erstaunlich, auf welche Ideen und Methoden die Mitarbeitenden kommen.“ Er selbst sucht mit seinen Kolleginnen und Kollegen derzeit bereits Lösungen für die kältere Jahreszeit. „Im neuen Materialdienst, der im September erscheint, wird es dazu Infos geben, aber auch zum Thema Kindergottesdienst per Zoom“, verrät er.

Trotz der Herausforderungen durch Corona sieht Ruddat in den neuen Formaten auch große Chancen für die Kirche. „Ich denke, dass wir damit Kinder erreichen, die wir sonst nicht erreichen.“ Schließlich seien Kindergottesdienste häufig kircheninterne Veranstaltungen. „Wenn per Facebook oder YouTube plötzlich 3000 Kinder zuschauen, ist das natürlich schon cool.“ Dabei mache es ihm auch Mut, dass viele Menschen aus unserer Kirche Lust hätten, neue Wege auszuprobieren. „Ich bin mir sicher, dass diese Lust am Neuen auch nach Corona bleibt.“

Termin: Digitaler Studientag am 26. September

Am 26. September 2020 lädt der Rheinische Verband für Kindergottesdienst zu einem digitalen Studientag per Zoom ein. Unter dem Titel „Nicht stummgeschaltet!“ geht es um die Möglichkeiten, auch in Zeiten von Corona Kirche mit Kindern zu gestalten. Es gibt unter anderem Workshops zu den Themen „Musik machen mit dem ganzen Körper“, „Sprechzeichnen als Video mit OneNote“ und „Kigo als Konferenz mit Zoom“. Wer teilnehmen möchte, muss sich bis zum 25. September 2020 anmelden. Weitere Informationen gibt es hier.

Links:

Zum Fachbereich Kirche mit Kindern in der rheinischen Kirche: https://www.kindergottesdienst-ekir.de/

Zur Ideenbörse: Kinder und Kirche: https://news.ekir.de/ideenboerse-kinder-und-kirche/

  • 31.8.2020
  • Andreas Attinger
  • Zentrum Gemeinde und Kirchenentwicklung/EKiR