Kirchen werben für ein Lieferkettengesetz

Für saubere Waren ohne Menschenrechtsverletzung und Umweltzerstörung

Demo nach dem Einsturz eines Fabrikgebäudes in Bangladesch

Der Kakao, den unsere Kinder am Morgen trinken, das T-Shirt, das wir am Leib tragen, die Schuhe an unseren Füßen – es sind ganz gewöhnliche Dinge, in denen uns Ungerechtigkeit, Umweltzerstörung oder weltweite Ausbeutung und Unterdrückung von Menschen mitten in unserem Alltag begegnen können. Denn die Kakao-Kleinbauernfamilie in Ghana, die Näherin in Kambodscha oder der Gerber von Schuhleder in Bangladesch sind nur einige Beispiele für die Menschen, die bei der Produktion von Waren unseres täglichen Bedarfs oftmals zu Opfern von Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung geworden sind.

Immer mehr Menschen wollen diesen Zustand nicht länger schweigend hinnehmen. Viele, auch kirchliche, Organisationen und Initiativen wie „Brot für die Welt“ setzen sich darum für ein Lieferkettengesetz ein, das Unternehmen verpflichtet, überall, auch im Ausland, Menschenrechte und Umweltstandards zu achten. Dieses Gesetz beschreibt die Verantwortung von Unternehmen für den gesamten Herstellungsprozess ihrer Produkte. Es soll sie verpflichten, mit angemessenen Maßnahmen Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden zu vermeiden. Das Gesetz soll für alle Unternehmen gelten, die in Deutschland aktiv sind.

Das Eintreten für Recht und Gerechtigkeit ist seit jeher ein biblischer Auftrag. Ökumene-Pfarrer Matthias Schmid beschreibt, warum ein Lieferkettengesetz wichtig ist, warum sich die Kirchen dafür stark machen und was wir tun können, damit es wirklich kommt.

„Schafft Recht und Gerechtigkeit!“ Jeremia 22,3

Mit diesen Worten klagt der Prophet Jeremia das Unrecht seiner Zeit an und fordert Veränderung im Sinne der Armen, Ausgegrenzten und Unterdrückten. Ausbeutung, Unterdrückung, Prunksucht und Lohnbetrug prägten das Regiment des damals herrschenden Königs Jojakim.

Ausbeutung und Unterdrückung sind kein Relikt vergangener Zeit, sondern begegnen uns auch heute immer wieder – in der Herstellung unserer Alltagsprodukte, in den Auslandsgeschäften hiesiger Unternehmen.

Die Kakao-Kleinbauernfamilie in Ghana, der Gerber von Schuhleder in Bangladesch, die Näherin in der Textilfabrik in Kambodscha. Beispiele von Menschen, die in der Produktion von Waren tätig sind, die wir für unseren täglichen Bedarf kaufen. Diese Menschen sind Teil der Lieferkette – und leider zu oft Opfer von Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung.  

Wie kann man es schaffen, dass Unternehmen ihre Menschenrechte achten und Umweltzerstörung vermeiden – gerade auch im Ausland? Ein wichtiger Schritt zur verbindlichen Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen ist ein Lieferkettengesetz.

Erschreckende Berichte über brennende Fabriken, ausbeuterische Kinderarbeit oder gerodete Regenwälder zeigen immer wieder: Freiwillig kommen viele Unternehmen ihrer Verantwortung nicht ausreichend nach. Und Fakt ist: Oft enden Gesetze an Landesgrenzen. Die Geschäfte, auch vieler deutscher Unternehmen, aber nicht. Dabei sind deutsche Unternehmen weltweit immer wieder an Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung beteiligt, ohne dass sie dafür rechtliche Konsequenzen befürchten müssen.

Deutschland braucht deshalb endlich ein Lieferkettengesetz, das Unternehmen verpflichtet auch im Ausland Menschenrechte und Umweltstandards zu achten. Unternehmen müssen dazu verpflichtet werden in der gesamten Wertschöpfungskette Sorgfalt walten zu lassen. Sie müssen die Auswirkungen ihrer Geschäfte auf die international anerkannten Menschenrechte, Arbeitnehmerbelange und die Umwelt in einer Risikoanalyse ermitteln. Sie müssen wirksame Maßnahmen ergreifen, um Risiken zu verhindern und Missstände zu beheben. Ihre Analyse und Maßnahmen müssen sie dokumentieren und öffentlich in einem Sorgfaltsplan darüber berichten. Sie müssen Beschwerdemechanismen einrichten, die für die Betroffenen zugänglich sind und im Schadensfall Betroffene entschädigen. Ein effektives Lieferkettengesetz erkennt den direkten Zusammenhang zwischen Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen an. Ein Lieferkettengesetz muss Unternehmen haftbar machen für vermeidbare und vorhersehbare Schäden. Betroffene von Menschenrechtsverletzungen im Ausland müssen die Möglichkeit haben vor deutschen Gerichten Schadensersatz einzuklagen. Ein Lieferkettengesetz muss alle Unternehmen umfassen, die einen Sitz in Deutschland haben oder regelmäßig Produkte nach Deutschland einführen. Das muss für ganz große Unternehmen gelten ebenso wie kleine Unternehmen aus Sektoren mit großen Menschenrechtsrisiken (etwas Textilbranche, Auto- oder Chemieindustrie). Dabei muss ein gesundes Augenmaß gelten. Unternehmen müssen durch ein Gesetz verpflichtet werden angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Immer entsprechend ihrer Größe und der Schwere der drohenden Menschenrechtsverletzungen und des Umweltschadens.

Besonders in Krisenzeiten zeigt sich, wie wichtig es ist Menschenrechte entlang der Lieferkette in den Fokus zu nehmen. Gerade auf der ersten Stufe vieler Lieferketten sind Menschen aufgrund fehlender Absicherungen gefährdet. Ein Lieferkettengesetz in Deutschland ist dringend notwendig und machbar. Für Unternehmen genauso wie für den Gesetzgeber.

Dafür macht sich die „Initiative Lieferkettengesetz“ stark: ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Akteure. Und wir als Kirchen mittendrin, weil wir möchten, dass Recht und Gerechtigkeit für alle Menschen gelten.

 

Informieren Sie sich und beteiligen Sie sich jetzt mit ihrer Unterschrift an der Petition für ein Lieferkettengesetz! Mehr dazu finden Sie unten auf der Seite.

Autor:  Matthias Schmid, Pfarrer, Gemeindedienst für Mission und Ökumene (GMÖ), matthias.schmid@ekir.de, Tel.: 02191-9681132

  • 17.6.2020
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