Langfristige Sorge um Flutopfer ist Aufgabe für die Kirche

Die Opfer der Hochwasser-Katastrophe werden nach Einschätzung des Kölner Pfarrers Oliver Mahn noch über Monate seelsorgerische Unterstützung brauchen. Es sei wichtig dafür zu sorgen, dass die Menschen auch nach Beseitigung der gröbsten Schäden nicht aus dem Blick gerieten, sagt Mahn, der gemeinsam mit anderen Kolleginnen und Kollegen die Seelsorge in Erftstadt-Blessem unterstützt. „Das ist eine Aufgabe, die die Kirche gut leisten kann, weil wir Menschen in den Gemeinden haben, die gerne konkret helfen.“

Die Menschen seien in der stark betroffenen Region zunächst fast drei Wochen lang von Notfallseelsorgerinnen und -seelsorgern betreut worden, sagt der Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Köln-Zollstock. „Ich habe allerdings das Gefühl, dass die dicken Probleme jetzt noch kommen.“ Erftstadt-Blessem mit rund 1.900 Einwohnerinnen und Einwohnern war besonders stark vom Hochwasser betroffen, nachdem die Fluten der Erft in eine Kiesgrube eingedrungen und einen Erdrutsch ausgelöst hatten.

Seelsorge ist jetzt besonders gefragt

Viele Menschen lebten in den ersten Wochen nach der Katastrophe in einem Tunnel und funktionierten zunächst einmal, sagte Mahn. „Jetzt, wo die gröbsten Aufräumarbeiten erledigt sind, kommt eine ruhigere Phase.“ Viele Menschen fielen dann erst einmal in ein Loch. „Deshalb ist gerade jetzt Seelsorge besonders gefragt“, erklärt der Theologe. Derzeit sind im Auftrag der Evangelischen Kirche im Rheinland  ein gutes Dutzend Pfarrerinnen und Pfarrer im Ruhestand als „Maklerinnen“ und „Makler“  in den Hochwassergebieten unterwegs, um Hilfsangebote und Hilfebedarf zueinander zu bringen.

Seelsorge-Einsätze werden von Woche zu Woche geplant

Es sei wichtig, dass die Kirche zunächst weiter mit Seelsorgern vor Ort sei, sagt Mahn. Zwar seien Stadt und Land dabei, ein psychologisches Hilfsangebot für die Betroffenen aufzubauen. „Aber der Weg zum Seelsorger ist zunächst einmal kürzer als der zum Psychologen.“ Die Seelsorgerinnen und Seelsorger könnten im Bedarfsfall auch an andere Beratungsangebote weitervermitteln. Derzeit würden die Einsätze der Seelsorger von Woche zu Woche geplant. Die Kirche ermittele aktuell die Bedürfnisse der Menschen vor Ort.

Großes Bedürfnis, das Erlebte zu erzählen

Bei seinen Gesprächen mit Menschen vor Ort stelle er fest, dass viele nach wie vor ein großes Bedürfnis hätten, ihre Erlebnisse zu erzählen, berichtet der Pfarrer. Manche brauchten auch einfach einen Gesprächspartner, um ihren Frust einmal loswerden zu können. Andere plagten Zukunftsängste. So gebe es Einwohner, für die der Wiederaufbau ihres Hauses nicht infrage komme, weil sie nicht mehr die Kraft dazu hätten. Vor allem für ältere Leute sei diese Aufgabe oft schwer zu stemmen.

  • 16.8.2021
  • epd/Claudia Rometsch
  • Red