Neues von den Pharisäern

In seinem Buch „Jeschua Bar Josef“, in das der Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Trinitatis Dirk Sawatzki über fünf Jahre Forschungsarbeit gesteckt hat, macht sich der Israel-Kenner auf eine neue, wissenschaftliche Suche nach dem Umfeld des historischen Jesus.

„Die Suche nach dem historischen Jesus ist die Suche nach dem Ursprung unseres Glauben“, sagte Sawatzki beim Auftakt seiner Vortragsreihe über einzelne Aspekte seiner Forschungsergebnisse im Gemeindezentrum in Duisburg Wedau am See. Die Leben Jesu Forschung finde vor allem in Israel und Amerika statt. Die deutschen Theologen täten sich damit schon seit den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts schwer, stellte Sawatzki fest. Er sieht die Zunahme antisemitischer Tendenzen im ursächlichen Zusammenhang mit dieser strikten Trennung zwischen dem jüdischen Jesus und dem auferstandenen Christus als Grund des Glaubens. „Aber jeder Antisemitismus richtet sich mit voller Kraft gegen Jesus selber, der ganz Jude war“, sagte er.

Jesus hatte Kontakt mit vielen religiösen Gruppierungen seiner Zeit, die treue Bibelleser gut zu kennen glauben. Sawatzki machte sich von seinen knapp 50 Zuhörern daran, diese Gewissheiten zu erschüttern. Die Pharisäer sind als sprichwörtlich strenggläubig, gebotstreu, besorgt um die kultische Reinheit bis in den deutschen Sprachgebrauch präsent. Aber dieses Bild entstand zum Teil aus Rückschlüssen aus dem rabbinischen Judentum, das die Pharisäer mitprägten. Sie selber sind nach dem Jahr 70 n. Chr. nicht mehr nachweisbar. Was man aus den Evangelien und den Aussagen des Geschichtsschreibers Flavius Josephus herauslesen kann, muss auf Grund der oft gegnerischen Einstellung der Verfasser kritisch betrachtet werden.

Sawatzki sieht sie als im Volk beliebte Gruppe, die sich auf eigene mündliche Überlieferungen bezieht. Diese „Gebote der Väter“ dienen dazu, die schwer einzuhaltenden Gebote der Tora zu glätten und sie alltagstauglich zu machen. Dagegen argumentiert Jesus und verweist auf die strengere Einhaltung der Tora.

Folgt man dieser Sicht, dann ist die Bekehrung des ehemaligen Pharisäers Paulus keine 180 Grad Wende mehr, sondern er führt die pharisäische Tora-Glättung weiter, bis zum Ende des Gesetzes. Und steht damit im Gegensatz zur essenisch geprägten Jüngergruppe in Jerusalem. „Damit prägt Paulus ein pharisäisches Christentum und eine von den Lehren Jesu nahezu unabhängige Theologie“, schlussfolgerte Sawatzki.

Seine belesenen Zuhörer prüften die Argumente an einigen Bibelstellen. Es ergaben sich lebhafte Diskussionen. „Ich meine, wir sollten es aushalten, uns irritieren zu lassen von den Befunden,“ sagte Sawatzki.

Drei weitere Vorträge und Diskussionen werden folgen. Beim Vortrag am Donnerstag, dem 12. Januar geht es um eine Neubesinnung zu Jesu Umgang mit dem Feiertag, am 19. Januar um das Thema „Zwischen Synagoge und Tempel, Jesus im Spannungsfeld seiner Zeit“ und zum Abschluss am 26. Januar um „Verfluchtes Kapernaum. Die Heimat des Petrus und ´Stadt Jesu´ als Stein des Anstoßes“.

Text: Sabine Merkelt-Rahm

Infos zur Evangelischen Kirchengemeinde Trinitatis gibt es im Netz unter www.trinitatis-duisburg.de.

Das Bild zeigt Dirk Sawatzki während des Vortrags am letzten Donnerstag, Foto: Sabine Merkelt-Rahm 

  • 9.1.2023
  • Rolf Schotsch
  • Sabine Merkelt-Rahm